Declination der Völkernamen.
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-aiern, Ungarn. Die mit -er (dem alten -ari) gebildet
teu decltniren stark, gleich andern Subst. dieser Art, alsr
vetterauer, Waldecker, im Pl. eben so. — Heide und
Christ (statt Christe) find jetzt völlige Substantive schwär
cher Declination.
Anmerkungen.
x) Die Declination der Völkernamen wird für die Ger
schichte unserer Sprache darum so wichtig, weil sie
in früheren Jahrhunderten nebst den Eigennamen die
einzig erhaltenen Quellen sind. Man sehe oben die
Einleitung.
2) Die Uebereinstimmung der verschiedenen Stamme deutr
scher Sprache zeigt sich dabei besonders deutlich. So
paßt das nordische ferkir genau zu dem hochdeut
schen serzi; so wird Schwab überall stark, Franke
überall schwach declinirt.
Z) In dem Neuhochdeutschen erscheint die Declination
dieser Wörter tiefer gesunken als bei gewöhnlichen
Substantiven. Wir sagen zwar noch; Zwerge (ur
sprünglich auch Geschlechtswort) aber nicht mehr:
Schwabe, Baier, fandernr Schwaben, Baiern.
Dies erklärt sich wohl aus der kleinen Zahl solcher
Volksnamcn, weßhalb man ihre frühere Verschieden
heit leicht unter eine Form bringen konnte.
4) Man bemerke die wachsende Neigung solcher Wörter,
in Adjectivformen überzugehen. Deutsche für Deu
ten (tauwnes) ist nichts anders als Heßische seyn
würde für Heßen; die Altnorden sagten: danir,
sviar, die Neunorden: danfke, fvenske.^ Wichtig
aber für das Alter der Form deutsch wird die
uralte analoge: mensch (statt man).
5) Die Endung -ere diente vormals nur zur Weiterbil
dung der Wurzel selbst, z. B. aus niderlant wurde
niederlendere, nicht aber wurde sie verwendet, sobald
schon eine andere Ableitungsenbung vorhanden war.
Heute aber bilden wir aus kcrl-ing weiter kerl-ing-er
und selbst westfal - ing - er statt wcstfal. Auch darin
zeigt sich das Streben der fortrückenden Sprache, ein
fache Wörter zu meiden und immer mehr Schärfe und
Bestimmtheit zu gewinnen.