Full text: Deutsche Grammatik (Erster Theil (Erster Teilband))

a6o Erläuterung der neuhochdeutschen Adjectivdecl. 
weichlichung des neutralen Kennzeichens z in s, mag sie 
nun durch Aussprache oder nachlässige Schreibung *) ver 
anlaßt worden seyn, denn nunmehr läßt sich der Nom. 
blindes nicht von dem Gen. blindes unterscheiden» 
2) Zu dem Vocativ pflegt man sich heutigestags im Sing, 
nur der starken Form und zwar stets mit beibehaltenen 
Kennzeichen zu bedienen. Im Pl. aber schwankt der Ge 
brauch zwischen starken und schwachen Formen; einige 
setzen: liebe, andere: lieben Kinder. Daß sich bei 
des rechtfertigen lasse, sieht man leicht. 
z) Der Umlaut, den die frühere Endung n erzeugte, fallt 
weg; der durch die Bildungsendung i herbeigeführte dauert 
noch mitunter bei dem heutigen e fort, wie demnächst im 
Abschnitt von der Wortbildung zu untersuchen seyn wird. 
4) Die Abwerfung des charactcristischen n im Acc. Sing. 
Femin. schwacher Declination erklärt sich aus dem Einfluß 
der fehlerhaften Auskunft, den hier die Sprache auch im 
weibl. Substantiv getroffen hat. Folgerecht würde nicht 
weniger der Gen. und Dat. Sing. Adj. lauten müssen: 
der blinde Frau, allein die Gestalt des Adjectivs hat hier 
in wieder mehr Festigkeit bewiesen, und sich begnügt, den 
verwandteren Acc. dem Nom. gleich zu machen. 
5) Die gemeinen Volksmundarten geben für die Adjectiv- 
declination nur wenig zu bemerken. Vorerst hat sich in 
einem Theile Oberdeulschlands die bei dem Subst. beach 
tete Endung a ober e, statt aller übrigen, auch für das 
Adj. erwiesen, z. B. a blinda, des blinda rc. — Das 
männliche Kennzeichen er scheint in der Schweiz nicht be 
liebt, indem Staloer S. 40. folgenden Unterschied wahr 
nimmt: a starche Ma, a gueti Frau, as (eines d. h. 
ein) liebs Chind. Merkwürdig wäre die Auszeichnung 
des Femin. durch die Endung i und an das alte iu mah 
nend. Inzwischen könnte sie bei vielen Wörtern auch die 
alte Bildungeendung i seyn, die sich zumal in elsäßischen 
Beiwörtern vielfach darbietet: fremdi, jungi, dyrri (dürr) 
scheeni (schön). Niederdeutsche Mundarten und meines 
Wissens vorzüglich die niedcrbcssische, lassen in den Ad 
jectiven zweiter Decl. fortwährend das e hören, man 
*) Strengrichtigcr wäre es allerdings gewesen, das ncuaufgekom« 
mene ß überall und nicht blos in der Conjunctivn daß für 
daS Kennreichen des Neutr. ru schreiben, also r- 55. blindeß, 
gutes. Die orthographische Trennung des Pronomens da 
von der Conjunctivn daß bejeichnek sehr dir neue unhistori» 
fche Grammatik.
	        
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