Full text: Deutsche Grammatik (Erster Theil (Erster Teilband))

3jo Erläuterung der Adjectivdeclinatkon. 
für das Mascul. längst verschwunden. Sogar das Akt- 
nordische hat den Vocalausgang des Fein, aufgegeben. 
b) Das Kennzeichen wird aber selbst in Sprachen, die 
sich seiner bedienen, zuweilen ausgelassen und diese 
Fälle hat der Syntax gleichfalls genauer zu untersu 
chen. Die gothische Sprache duldet dieses Auslassen nur 
bei dem Neutrum, die altnordische im Masc. und Neutr. 
fast niemals, die alt- und neuhochdeutsche aber in allen 
drein Geschlechtern. Z. B. der Gothe sagt: keik mei- 
nata und mein leik (Joh.6, 55,54) beides für eor- 
f iis meum; es heißt bald einaz hus (O. V. n,4.), 
ald ein halb iar (0.1.5,2.) und so sagen wir heut 
zu Tag bald: eins thut Noth, bald: ein Haus; in 
allen diesen Fällen dürfte im Nordischen nur das Neutr. 
mit unverrücktem Kennzeichen stehen (lck mitt, 
ritt hus). 
c) Wo aber auch das Kennzeichen wegfallen mag (sey 
es nun durchaus, wie im Niederdeutschen, oder nur 
zuweilen und bei gewissen Geschlechtern), ist immer 
noch das auf seine bloße Wurzel zurückgeführte Wort 
für ein wahres Adjectiv und zwar der starken Form zu 
halten, und keineswegs weder mit der schwachen Form 
noch dem Adverbium zu vermengen. Dieser wichtige 
und bisher sehr verkannte Satz bewährt sich besonders 
in der zweiten Deck., welche mittelst der Endung i 
abgeleitete Adjective enthält, wo folglich das i nicht 
zum Casus, sondern zu der wesentlichen Wortgcstalt 
hört. Z. B. das althochdeutsche richi, richi, richi 
ist die starke Form des Nom. ohne Kennzeichen in 
allen Geschlechtern und entspricht völlig dem blind, 
blind, blind; die starke Form mit Kennzeichen würde 
lauten, richer, richiu, richaz und die schwache: richo, 
richa, richa *). 
*) Diese dreifache Gestalt deS Adjectivs in feiner Form und Ane 
Wendung macht allerdings eine besondere Schwierigkeit zumal 
der hochdeutschen Sprache. Adelung hat seine Lehre rem Adj. 
und Adv. hauptsächlich dadurch entstellt, daß er das Adj. 
ohne Kennzeichen geradezu für ein Adv. gehalten wissen will. 
Hiernach hatte die niederdeutsche und schon die angelsächsische 
Grammatik gar keinen Nom. für das starke Masc. oder Neutr. 
gehabt! Daß aber, z. B. in der Redensart: der Stein ist 
hart, der Mann ist schon, dieses hart, schön: kein Adv. 
(wie Adelung annimmt), sondern ein eigentliches Adj. sey, 
lehrt eine historische Betrachtung sehr bald, denn im Althoch- 
deutschen dürfte lediglich stehen: hetti, sconi und nicht:
	        
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