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tung soll damit ausgedrückt werden. Denn weder war die
vollkommenste Form einer Sprache, die uns in der Ge
schichte aufgestellt ist, ganz von dem geistigen Princip ent
blößt, noch wird sich jemals die geistig gebildeteste völlig von
dem leiblichen losreißen, vielmehr sind beide nothwendig
vereinigt, nur nach verschiedenen Graden. Das Gesagte
bewährt sich durch die Geschichte der Poesie, die noch von
andern Einflüssen abhängt; wir erblicken unsre Dichtung
vom achten bis zum elften Jahrhundert, hernach vom vier
zehnten bis zum achtzehnten verwildert; dazwischen im zwölf
ten , Vreizchnten und achtzehnten aufblühend, also nicht ge
rade abhängig von der mehr oder minder vermögenden
Sprache. Auch gibt es für die Poesie Uebergänge, wo sich
das Princip geistiger Sprachbildung mit ihr vermählt. An
sich aber herrscht in der Poesie die gleiche entgegengesetzte
Richtung: Fülle und Beweglichkeit des Epos auf der einen,
geistige Kraft des Dramas auf der andern Seite. Die alte
Sprache und Dichtung sind reiner, unbewußter, dem himm
lischen Ursprung noch näher, darum großartiger; die neuen
unter den Menschenhänden arm und verwickelt geworden.
4) Die Vorstellung, welche man sich von der Rohheit
der Deutschen und ihrer Sprache zu Tacitus Zeiten macht,
ist nichtig und sogar abgeschmackt. Ich will hier einige
Gründe Adelungs *) näher beleuchten. Er meint, daß die
damaligen deutschen Wörter einsilbig, durch gehäufte Conso-
nante, Hauchlaute und tiefe Vocale hart und rauh, und
wohl einige der nöthigsten, aber nicht alle Biegungen vor
handen gewesen wären. Was die Biegungen angeht, so
bin ich völlig gewiß, daß sie zu jener Zeit vollkommner und
vollständiger waren, als je nachher. An Wohllaut, vollem,
starkem und weichem kann es gar nicht gefehlt haben, und
schon die Vortrefflichkeit der Flexion mußte ihn mit sich
führen. Die tiefen Laute und die Diphthonge sind ihm
nicht schädlich, vielmehr förderlich, denn der wahre Wohl
laut ruht in dem Ebenmaß aller Laute und unsere jetzige
Sprache hat nur einen schwachen Wohllaut, weil sie zu viel
a und u eingebüßt. Daß dem Römer die deutsche Sprache
unaussprechlich und schwer geschienen, ist etwas anders und
könnte sich ebenso erklären, wie die Scheu der Franzosen vor
wohlklingenden deutschen Wörtern **). Mir scheint es in-
*) Aeltcste Geschichte der Deutschen. S. 3-8-32».
Räder besehen, beziehen sich die bekannten Aeußerungen auf
laute Kricgsgesange, wo die sanfteste Sprache rauh werden
muß (»sperit», ton», und es heißt dazu »akeolstu»). Nie
mand kann sich einbilden, daß TaciiuS Namen wie: V«lell,.