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vermögen jedoch keinen so reichen Beweis zu führen, weil
sie keine Geschichte haben gleich dem deutschen Volk. Die Masse
aller Beweise und Vergleichungen erbringt aber, daß wieder
um das Sanscrit, wie es in den verbliebenen Denkmälern
erscheint, auf eine noch vollendetere frühere Sprache deute,
bis zu welcher gar keine menschliche Untersuchung reicht.
2) Mit dem, was wir Bildung des menschlichen Ge
schlechts nennen, geht und steht diese Urvollendung der Spra
che gar nicht zusammen, ja sie ist ihr reiner Gegensatz. Die
Bildung der Sprache sucht allmalig ihre Natur aufzuheben,
fcu h. anders zu stimmen. Wie die eine Seite steigt, sinkt
die andere. Die alte Sprache ist leiblich, sinnlich, voll Un
schuld; die neue arbeitet darauf hin, geistiger, abgezogener
zu werden, sic sicht in den Worten Schein und Zweideu
tigkeit, denen sie auf alle Weise ausweichen möchte. Jene
hat großen Reichthum an Wörtern und drückt selbst bloße
Wendungen mit andern Wurzeln aus, alle ihre Wurzeln
haben Glieder und Gelenke, die der mannigfaltigsten Bewe
gung gehorchen, durch ihre Zusammensetzungen dringt noch
der innere Sinn *); diese gibt eine Wurzel nach der andern
hin, ihr Ausdruck wird schärfer, bewußter, bestimmter und
ihre Mittel erscheinen von außen, sie setzt lieber zusammen,
umschreibt und meint mit dem unumwundenen Worte an
zustoßen, gleich als schäme sic sich der Nacktheit, z. B. man
wird heutigestags in gewissen Beziehungen für edler halten
zu sagen: das ist weniger gut, als: das ist schlechter. Dar
um streben die Anomalien der Steigerung, sich allmalig auf
zulösen (S. 233 - 36.).
3) Man kann die innere Stärke der alten Sprache mit
dem scharfen Gesicht, Gehör, Geruch der Wilden, ja unserer
Hirten und Jäger, die einfach in der Natur leben, verglei
chen. Dafür werden die Vcrstandesbcgriffe der neuen Spra
che zunehmend klärer und deutlicher. Die Poesie vergeht
und die Prosa (nicht die gemeine, sondern die geistige) wird
»ns angemessener. Was ich aber durch durch das leibliche
Sinken und geistige Aufsteigen der Sprache meine, ist ja
nicht so zu nehmen, als ob beides der leibliche und geistige
Vortheil oder Nachtheil in der Wirklichkeit von einander
getrennt seyn könnten, sondern blos die beiderseitige Richr
•) Die Eigennamen der Leute, Setter, Thiere, Pflanzen haben
noch Bedeutung die spater ausstirbt. Man bedenke die Leben
digkeit dcS Dualis, Mediums, der mehrfachen Casus und ihrer
leiseren Beziehung aus die Präposition; selbst die Hülfswirter
bedeuten etwas. Die neue Sprache hat eine Menge adstracter
Formen und Gebrauche.