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Einige Hauptsätze, die ich aus der Geschichte
der deutschen Sprache gelernt habe.
i) Da die hochdeutsche Sprache des dreizehnten Jahr,
Hunderts edlere, reinere Formen zeigt, als unsere heutige,
die des achten und neunten wiederum reinere, als des drei
zehnten, endlich das gothische des vierten oder fünften noch
»ollkommnere; so folgt, daß die Sprache, wie sie die deut,
sehen Völker im ersten Jahrhundert geredet haben, selbst die
gothische übertreffen haben werde. Man könnte eine förm
liche Berechnung über den progressiven Untergang der Fle
xionsfähigkeit anstellen. Die neuhochdeutsche gesammte Sub-
stantivdeciination reicht mit sechs Endungen aus (e. en. cns.
er. ern. es), die althochdeutsche hat ihrer 25 (a. e. en. eo.
eon. eono. es. i. ien. im. in. io. iono. iu. iun. 0. om. on.
ono. u. um. un. ir. iro. irum), die gothische 40 (a. ai.
ais. am. au. ans. e. ei. eim. ein. eins. eins. eis. i. ja.
jan. jane. jans. je. jis. jins. im. ins. jo. jvn. jons. jono.
ju. jus. iwe. 0. om. vn. one. ono. vns. u. us. uns. 6.).
Richtiger aber würde man die einzelnen Fälle, in denen
jede dieser Endungen gebraucht wird, zählen, weil z. B. das
mittelhochdeutsche e in Hirte, Hane, erde stets einen andern
Grund hat, folglich mehr, als im Neuhochdeutschen ange
schlagen werden muß. Die gothische Sprache vermag in 15
Declin. etwa 120 Casus zu bezeichnen, unsere heutige kaum
ZV. In den alten Zeiten, da noch unser Wohnsitz in Asien
gewesen, muß die Aehnlichkeit mit dem Sanscrit/bas schon
lange als heilige Sprache stillsteht und von dem die fortle
benden indischen Mundarten ungeheuer abgewichen sind, viel
näher lind höchst bedeutend gewesen seyn. Das können wir
mit ganzer Sicherheit schließen, von der individuellen ehma-
ligen Verschiedenheit wissen wir nichts mehr. Auch die an
dern Stamme, z. V. die slavischen müssen ebenso schließen,