XXIV
neu geblieben oder von ihr abgewichen seyen. Dadurch
werden sich merkwürdige und sichere Folgerungen über den
Gang der Sprache ergeben und alle Reihen zu einem immer
größeren Ueberblick sammeln. An fortgesetztem Fleiß soll
es bei mir nicht fehlen, um diesem Ziel näher zu rücken,
zugleich bleibt zu wünschen, daß andere und namentlich der
heutigen niederländischen, englischen und nordischen Spra
chen erfahrene Männer waö noch darin, besonders aber
in den Mundarten und Büchern der fünf letzten Jahr-
Hunderte für die geschichtliche Grammatik wichtiges ver
borgen liegt, eifrig ^erforschen mögen. Ich habe absichtlich
den jüngsten Stand einer jeden Sprache, selbst der hoch
deutschen, am unvollständigsten ausgeführt und fast im bloßen
Umriß gehalten.
Der Druck dieses Buchs hat sehr langsamen Fortgang
und wird über ei» volles Jahr dauern. Deshalb sind mir
manche Einsichten und Sammlungen gewachsen, wovon ich
doch nur weniges im Nachtrag mittheilen werde. Zusätze
und Besserungen fügen sich schon leicht an die schwer-
gcfundenen ersten Sätze. Auch ist eS etwas anders, zu
der Ausarbeitung eines Werks schreiten, das man in den
meisten, besonders in einigen mit Vorliebe gepflegten
Theilen zu übersehen glaubt, und hernach in der Vollstän
digkeit der Arbeit selbst auf einzelne, bis dahin vermach,
lässigte Stücke stoßen, die nun gleichmäßig behandelt seyn
sollen. Kenner werden diese Unebenheit leichter wahrneh
men und leichter entschuldigen. Ich hatte beim Quellen
studium nicht auf zehn Dinge, sondern auf hunderterlei
Augenmerk zu halten und darf wohl sagen, daß ich keinen
einzigen Casus und keine einzige Person ohne sorgfältige
Ueberlegung hingesetzt habe, denn mit Sicherheit fand sich
beinahe nichts vorgearbeitet, daher man sich nicht wundere,
wenn meine Angaben von denen eines HickeS, Ten Kate
und selbst eines Ihre, Fulda und Zahn großenthcilS abwei
chen. Die althochdeutsche Grammatik ist eigentlich noch nie
mals ausgestellt gewesen. Blos für die altnordische durfte ich
mich auf Rask verlassen. Mein Hauptzweck, die Führung des Be
weises: daß und wie alle deutsche Sprachstämme innigst
verwandt und die heutigen Formen unverständlich seyen, wo
man nicht bis zu den vorigen, alten und ältesten hinauf
steige, daß folglich die gegenwärtige grammatische Struktur
nur geschichtlich aufgestellt werden dürfe, scheint mir nicht
ganz mislungen. Von einem Dualis, Passivum, Medium,
von der Reduplikation und dem Organismus der Anomalien
und dergleichen lange überhörten Sachen habe ich auch in