Erläuterung d.mittelniederdeutschen Subst. Deelin. 177
Ueber
die mittelniederdeutsche Substantivdeclination.
r) Die niedersächsische Sprache des Mittelalters entfernt sich
von der hochdeutschen Deck. nicht sehr bedeutend; das s
aus dem männlichen Nom. Pl. hat sich verloren, wenig
stens in den gedruckt erhaltenen Quellen. Der Vocalum
laut ist zwar vorhanden, doch minder entwickelt, als der
hochdeutsche; umgekehrt verhält es sich mit dem Umlaut
der Cvnsonanten. Das Schwanken zwischen schwachen
und starken Formen ist hier viel merklicher. Als die wich
tigste Verschiedenheit muß fortwährend der neutrale Pl.
betrachtet werden, welcher nur theilweise dem Sing. gleich
ist, häufig aber auf e (das alte u) endigt.
2) Von der niederländischen Decl. gilt zum Theil dasselbe,
doch mit folgenden Abweichungen. Der Pl. auf s hat
fich bei den Wörtern der zweiten männlichen Decl. auf
ere erhalten (und dient mit zum Beweis der nothwen
digen Trennung zwischen der ersten und zweiten überhaupt),
allein er gilt nicht blos für den Nom. und Acc., sondern
auch selbst für den Gen. und Dat. was in der frühere»
Sprache unerhört gewesen wäre» Die Neutra des Pl. auf
e überwiegen entschiedner. Die schwache Form hat zumal
im Pl. viel mehr um sich gegriffen, als im Niedersachsi-
schen, und pflegt auch bei ursprünglich starken Wör
tern häufig einzutreten. Dagegen ist merkwürdigerweise
der Acc. Sing. schwacher Masc. und Femin. dem
Nom. gleich, und des charakteristischen n entblößt, wel
ches man auch so ausdrücken könnte: die schwachen männ
lichen und weiblichen Subst. decliniren hier ganz wie
Neutra. Diese bedeutende Abweichung von dem Hoch
deutschen und selbst Niedersachsischcn läßt sich entweder aus
der friesischen Ablegung des n erklären, die hier wenig
stens für den Acc. Sing. geblieben ist, oder aus der all
gemeinen Näherverwandtschaft des Nom. mit dem Acc.
wie sie auch im Alt-Hochdeutschen an der Beibehaltung
des dunkeln Vocals der Endung, wahrend Gen. und Dat.
das hellere in annehmen, zu erkennen steht.
Z) Die englische Declination finden wir um das zwölfte und
dreizehnte Jahrhundert beinahe stockend; dieses schnei-
M