Full text: Deutsche Grammatik (Erster Theil (Erster Teilband))

Erläuterung der althochdeutschen Subst. Declin. 155 
stimmt sie sich naher dahin: war das nunmehr abgefal 
lene vor Alters ein s oder r? lauteten die obigen Endun 
gen ar, or, ir oder as, os, iö? Für letztere Endun 
gen sprechen die Beispiele des Gothischen, Alt-Sächsi 
schen und Angelsächsischen, sodann die Spuren eines alte 
ren weiblichen Gen. auf is (s. oben Erl. 6.) zumal aber 
das zwischen dem Nieder- und Hochdeutschen mirtenein- 
stchcnde Bruchstück des Hildcbrandliedes, welches uns die 
Form des Nom. Pl. helidvs (heroes) aufbehalten hat. 
Und hierbei ist nicht zu übersehen, daß zwar die Alt- und 
Angelsachsen ihre Endung os und as sowohl für den 
Nom. als Acc. Pl. der ersten männlichen Deck. gelten 
lassen, in diesem Liede hingegen ein Unterschied zwischen 
beiden Casus einzutreten scheint, helidos ist in der That 
der einzige Nom. Mast. der starken (ersten)*), Deck. der 
im Fragment vorkommt, aber alle Accusative derselben 
Deel, enden, (wieim Alt-Hochdeutschen beide Casus) auf a, 
namentlich bouga, ringa, rauba (nicht bogos, ringvs, 
wie cs in der altsächsischen E. H. heißen würde). Diese 
Unterscheidung wäre eine schöne Spur von dem gothischen 
Nom. os und Acc. ans **), und damit nicht nur der 
Ursprung des späteren Nom. a, indem die Verderbniß 
bei dem Acc. angefangen und hernach auch den Nom. er 
griffen hätte, erklärt, sondern zugleich der oben S. 1^6. 
unter b) gegen die gothische Endung os erhobene Zweifel 
neuerdings beschwichtigt. Zn den gloff. goldast. bremens. 
1002 *• steht die hierherhörende Form "conwagos cona- 
bila” ein mir sammt der lateinischen Erklärung unver 
ständliches Wort ***), das leicht selbst aus einem lateini 
schen entstellt worden. Für den Cousonanten r, als Aus- 
•) Denn der Rom. Pl. liuti folgt der vierten Deel., welche be 
greiflicher Weise die Consvnantcn früher ablegte, al§ die erste 
Declination. 
**) Vcrgl. auch unten bei der altnordischen Deel, die Unterschei 
dung des Nom. und Acc. Pl., so wie andrerseits was bei der 
Alt-Friesischen über die Vermengung der Formen ar und a 
vorkommt. 
. ***) genotas in der bekannten »Kr«n»nti»rio dUboli ist säch 
sisch, nicht Hochdeutsch, tennas ->r„« D. kann kein Nom. 
Pl. seyn, sondern nur der Gen. Sing. von dem Neutr. tenni 
(»re») und vermuthlich ist tcnncs ru lesen. — Die in latei 
nischen Urkunden des siebenten und achten Jahrhunderts auck 
der fränkischen und allcmannischcn Gegend gar nicht seltenen 
Nominative deutscher Ortsnamen auf a s sind aus der kenia 
nischen Sprackc ;u erläutern, und verrathen daher nichts von 
der deutschen Declination solcher Länder.
	        
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