Full text: Deutsche Grammatik (Erster Theil (Erster Teilband))

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Von dieser philosophischen Richtung des grammatischen 
Studiums unterscheidet sich die crirische, deren Wesen auf 
das Praktische hingeht. Sic will die sinkende oder doch 
sich ändernde Sprache festhalten und setzt, weniger aus einer 
inneren Ergründung dieser selbst, als aus den für vollkom- 
men gegebenen besten Schriftstellern gewisser Feiten ein Sy 
stem zusammen, von welchem abzuweichen ihr für fehlerhaft 
oder bedenklich gilt. Diese Idee hat sich in Frankreich und 
Italien entwickelt, aber in den übrigen Landern Nachahmung 
gefunden. Wir Deutsche sollten uns dankbar erinnern, daß 
zu Regensburg kein Gedanke an ein deutsches Reichswörter 
buch aufgestiegen ist, vielmehr die spate Wiederherstellung 
unserer Poesie und Prosa, nachdem jene französische Ansicht 
schon ihr Ansteckendes verloren hatte, als ein Glück ansehen. 
Denn wo sie im Einzelnen dennoch wirkte, bas brachte uns 
weniger Schaden. Gewirkt aber hat sie, in so fern z. B. 
die mit Lessing und Klopstock Unzufriedenen darauf hinar 
beiteten, Muster aus dem vorausgehenden Zeitraum, später 
hin die Tadler der neupoetischen Schule, Muster aus Klop 
stock, Hölty, Bürger und Boß obenhin zu stellen. Es scheint 
freilich noch immer zulässiger, die gegenwärtige Sprache mir 
dem Ansehen früherer bedeutender Schriftsteller im Faum 
und Füge! zu halten, als sie mit philosophischen Abstractio- 
nen zu beherrschen; dieses ist jedoch beinah unausführbar, 
jenes ausführbarer und etwa darum gefährlicher. ' Eine sicht 
liche gute Wirkung der wiedererweckten Neigung zu den alt 
deutschen Denkmälern besteht darin, daß sie den Glanz mu 
sterhaft scheinender Spcachausbildung von der zuvor im 
Auge gehabten Zeit ab auf eine langst vergessene frühere ge 
worfen und durch Erregung des historischen Studliims un 
sere Sprache weit freier gemacht hat. Denn die alten Au 
toritäten verdunkeln oder widerlegen die vorgeschützten neue 
ren, ohne daß sie selbst so leicht zu unmittelbarer Anwendung 
gelangen könnten; in unserer Sprachverfassung haben wir 
uns vor nichts mehr zu hüten, als vor dem was sich un 
mittelbar und geradezu eindrängen will. 
Gegen die Puristen, wie sie heutigcstags unter uns auf 
getreten sind, wird sich jeder erklären, der einen richtigen 
Blick i» die Natur der deutschen Sprache gethan hat. Sie 
wollen nicht nur alles Fremde bis auf die letzte Zaser aus 
ihr gestoßen wissen, sondern sie überdem durch die gewalt 
samsten Mittel wohllautender, kräftiger und reicher machen. 
Die Gesinnung, welcher das Abwerfen des verhaßten Frem 
den recht ist und an sich selbst möglich scheint, verdient un, 
bedenklich geehrt und gehegt zu werden, nur sollte man sich 
bescheiden, dass schon zur Ausmittelung der seit allen Zeiten 
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