Vorrede
Seit man die deutsche Sprache grammatisch zu behänd
dein angefangen hat, sind zwar schon bis auf Adelung eine
gute Zahl Bücher und von Adelung an bis auf heute eine
noch fast größere darüber erschienen. Da ich nicht in diese
Reihe, sondern ganz aus ihr heraustreten will; so muß. ich
gleich vorweg erklären, warum ich die Art und den Begriff
deutscher Sprachlehren, zumal der in dem letzten halben
Jahrhundert bekannt gemachten und gutgeheißenen für ver
werflich, ja für thöricht halte. Man pflegt allmalig in
allen Schulen aus diesen Werken Unterricht zu ertheilen und
sie selbst Erwachsenen zur Bildung und Entwickelung ihrer
Sprachfertigkeit anzurathen. Eine unsägliche Pedanterei, die
eö Mühe kosten würde, einem wieder auferstandenen Grie
chen oder Römer nur begreiflich zu machen; die meisten mit-
lebenden Völker haben aber hierin so viel gesunden Blick
vor uns voraus, daß es ihnen schwerlich in solchem Ernste
beigcfallen ist, ihre eigene Landessprache unter die Gegen
stände des Schulunterrichts zu zählen. Den geheimen Scha
den, den dieser Unterricht, wie alles überflüssige, nach sich
zieht, wird eine genauere Prüfung bald gewahr. Ich be
haupte nichts anders, als daß dadurch gerade die freie Ent
faltung des Sprachvermögens in den Kindern gestört und
eine herrliche Anstalt der Natur, welche uns die Rede mit
der Muttermilch eingibt und sie in dem Besang des elter
lichen Hauses zu Macht kommen lassen will, verkannt werde.
Die Sprache gleich allem Natürlichen und Sittlichen ist ein
unvermerktes, unbewußtes Geheimniß, welches sich in der
Jugend einpflanzt und unsere Sprechwcrkzeuge für die eigen
thümlichen vaterländischen Töne, Biegungen, Wendungen,
Härten oder Weichen bestimmt; auf diesem Eindruck beruht
jenes unvertilgliche, sehnsüchtige Gefühl, das jeden Men
schen befällt, dem in der Fremde seine Sprache und Mund
art zu Ohren schallt; zugleich beruhet darauf die Unlernbar-
kcit einer ausländischen Sprache, d. h. ihrer innigen und