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‚usgenommen die Schnelligkeit der Versendung, fast alle Vorzüge
Jer Telegramme teilen, Der Inhalt der Benachrichtigungen, welcher
selten etwas anderes als die gewöhnlichen Notizen oder Gratu-
ationen usw. enthält, könnte den Mangel eines Siegels leicht er-
ıragen. Wie groß aber wäre die Ersparnis an Briefpapier, Couverts,
Schreibe- und Lesearbeit, wie groß wäre die Zeitersparnis bei einer sol-
»hen Einrichtung! Viele Benachrichtigungen müssen gegenwärtig
unterbleiben, weil man die Ausgabe oder die Einbuße von unge-
fähr 15 bis 20 Kreuzer scheut, welche ein Brief verursacht, oder
weil einem die einmal unentbehrlichen Floskeln, Aufschriften,
Versicherungen der ungeteiltesten Hochachtung usw. eines solchen
Briefes anwidern. Dies alles bliebe weg, man könnte sich, wie
man es ja schon lange bei den Telegrammen gewöhnt ist, auf die
unumgänglich notwendigen Ausdrücke beschränken. Wir besäßen
in Bälde eine eigene Telegramm-Briefsprache, welche mit der
Taciteischen kühn in die Schranken treten könnte. Und das Post-
vefälle würde nur gewinnen, denn nun würden statt der 33 Milli-
;nen Intimationsbriefe gewiß über 100 Millionen solcher Briefe
ährlich gewechselt werden und das Volk ersparte dabei noch
inige Millionen Gulden alle Jahre an den Kosten des Schreibens
ınd des Briefmateriales.
Möge man an maßgebender Stelle diesen gewiß nicht utopi-
schen Vorschlag würdigen und in Oesterreich einmal den bevor-
zugten Nationen des Westens voranschreiten,
Herrmanns „Postkarte“ bestand somit, wie die vorseitige
Abbildung veranschaulicht, lediglich aus einem Stück Kar-
‚on, auf das man eine engbegrenzte Zahl Worte schreiben
durfte und eine Freimarke aufklebte; sie kam auf eine
Verbesserung der oben geschilderten offenen Drucksachen-
karten heraus, die übrigens in Österreich damals noch
zar nicht zugelassen waren. Von dem, was Stephans
„Postblatt“, kennzeichnet, — Vordruck, eingestempelte
Marke und nur durch den reichlich bemessenen Raum
begrenzte Beschreibbarkeit, — keine Spur. Nur die Be-
zeichnung „Postkarte“, die bis dahin in ganz anderem
Sinne gebraucht wurde, ist Herrmanns „Erfindung“.
Herrmann hatte aber das Glück, bei der österreichi-
schen Postverwaltung verständnisvolles Entgegenkommen
zu finden. Der damalige Sektionsrat Frhr. von Kolben-
zteiner kannte den Stephanschen Vorschlag von
Karlsruhe her und wußte nun, wo eine Anregung aus
lem Publikum kam, den General-Postdirektor v. Maly
für die Sache zu interessieren und ihr dadurch zur
praktischen Ausführung zu verhelfen. Das Endprodukt der
Beratungen und Erwägungen, welches am 1, Oktober 1869
das Licht der Welt erblickte, entsprach ziemlich genau
dem Stephanschen Vorschlage. Man ging aber nach
Herrmanns Vorschlag auf die Drucksachentaxe zurück
and gab dafür der Karte ein sehr kleines Format
(122 : 85 mm), um so einen Ausgleich zu schaffen. Daß