Full text: Kasseler Dichterbuch

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Und fröhlich wird die Tafelrund: 
„Er muh uns was erzählen!" 
Da setzt er sich und iht und trinkt 
Und wird von Fragenden umringt. 
Das Frauenauge gläubig strahlt, 
Drin jüngst sich noch die Furcht gemalt; 
Dem Männerherzen sorgbeschwert 
Die alte Laune wiederkehrt 
Bei traulichen Geschichten. — 
Und er — den Tod im Angesicht, 
Kaum weih er selber, was er spricht 
Von blauer See und Sturmeswut, 
Von Nordlandseis und Tropenglut, 
Von mancher ungefahrenen Fahrt 
Lügt er mit Lust nach Seemannsart: 
„Topp, Freund, was gilt die Wette!" 
„Was gilts, ich fühl? bei schwerer See 
Ein hilflos Schiff, — was auch geschah! 
Ich stell dem Schicksal stets ein Bein, 
Ich zwing das Glück, das Glück ist mein! 
Denn wer das Meer sein Liebchen nennt, 
Kein Graun und kein Verzagen kennt! 
Nur Ruhe, Freund, nur Ruhe!" 
Ein Dampfer kreuzte den Kanal, 
Der sah von fern ein Notsignal, 
— Aus höchster Angst ein letzter Schrei. — 
Er kam heran und legte bei 
Und nahm das fremde Schiff ins Tau. — 
Ganz nahe schien im Morgengrau 
Die Brandung von Ostende.
	        
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