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Da stehen Tisch und Stühle und steht ein mächtig Fast,
Das bitgt in seinem Innern der Reben köstlich Rast;
Und an den Wänden hanget manch edler Herren Bild,
Und dort ein Männlein stehet, gelehnt auf seinen Schild.
Das Männlein tritt mit Würde gar freundlich glü
hend her;
Sein Haupt umwallen Locken, sein Wams Goldborden
schwer.
„Wer bist du, lieber Alter?" der Schäfer traulich spricht,
„O, deute mit; dies alles! Noch sah ich solches nicht!"
„Du weiht, daß eine Veste hier oben einst gethront,
In der die Boyneburger Jahrhunderte gewohnt.
Es war ein stolzes, mächt'ges, ein edeles Geschlecht,
Hat Lanzen oft gebrochen in heistem Streit fürs Recht."
„Jawohl! Selbst Barbarossa, der wunderreichste Held,
Hat hier getagt mit Glanze vor seinem Ritt ins Feld."
„Und tapfre Hessentreue, sie hielt die Ehrenwacht,
Als hier des Reiches Banner geweht in stolzer Pracht!"
„Und Hessens Philipp?" — „Lernte als Knab' hier
Sitt' und Zucht,
Lernt' hier das Stahlschwert schwingen, das er geführt
mit Wucht
Gleich wie das Schwert der Wahrheit, der neuen reinen
Lehr',
Zu seines Volkes Heile, zu seines Gottes Ehr'."
„Verschwunden und versunken ist all die Herrlichkeit.
Doch ward hier nichts geborgen vom Reichtum jener
Zeit?"
„Schau hin! Was unter Trümmern begraben liegt
allhier,
Es ist mir anvertrauet im dunklen Burgrevier."