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Ein Sommertag! O schöne Zeit der Reife,
Zeit der Erfüllung in der Tage Hast —
„An Früchten reich, reich aber auch an Last",
Schreibt man dir auf des Erntekranzes Schleife.
Der kühle Abend winkt zur Ruh. O fchaü!
Vorm Häuschen unterm Lindenbaum die lieben
Jugendgefpielen wurden Mann und Frau,
— Ein kinderfrohes Paar, umspielt von sieben.
Ein H e r b st t a g i st' s! Gelb ward es auf den
Feldern,
Gelb in den Bäumen, wo die reife Frucht,
— Spätbirn und Apfel — durch die Blätter lugt,
Und süße Trauben mahnen sie zu keltern.
Schon ziemlich still ist es in der Natur,
Die meisten Vögel zogen fort nach Süden,
Der Kindersang verklang, und einsam nur
Sieht man den Schäfer noch die Schafe hüten.
Ein Herbsttag ist's! Der volle Erntesegen,
Den Gott gab, wird nun bald geborgen sein,
— Beginnt man in der Erde Schoß hinein
Doch schon das neue Samenkorn zu legen.
Und wie es still und stiller ward da drauß,
Ist's still geworden drinnen bei den Alten — —
— Denn als die Kinder aus dem Elternhaus,
Sah man den Herbst auch da an Haar und Falten.
Ein Winter tag! In dichtem Nebelschleier
Liegt eingehüllt das schneebedeckte Tal,
Und durch die Hülle dringt kein Sonnenstrahl —
Nur dort an jenem Hügel wird es freier;
Sonst ist es grau und tot und grabesstill,
Und darum paßt das Leichentuch der Erde,
Die jetzt so kalt geworden, schlafen will,
Bis Gott, wie einst, ihr wieder zuruft: „Werde"!