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Eine drückende, schwere Luft senkte sich auf das
Fahrzeug herab. Das goldene Licht am Himmel
und der blitzende Widerschein auf dem Wasser er
losch. Das Weib hob den Kopf und blickte umher.
Sie hob wie beschwörend die Hand, als könnte sie
das Wetter meistern, wie sie das Schicksal meistern
wollte. Die Wellen rauschten und spritzten und leuch
teten nicht mehr. Sie gurgelten und rollten und
waren dunkel wie die Nacht. Wild und hoch kamen
sie von ferne angebraust, weil der Sturmwind sie
jagte. Die beiden Alten sprachen nicht. Sie arbeiteten
und wehrten sich gegen das drohende Unheil. Die
Ruder griffen tief ein, und das Boot drängte, ge
hoben und geschoben von den Wogen, dem Lande
zu. Die Wellen schäumten und tosten vorüber wie
wilde Horden und schossen Wasserstrahlen über das
Leinentuch, datz es sich feucht Um die Toten schmiegte.
Mit zusammengebissenen Lippen arbeitete das Paar
und kämpfte mit dem wehrlosen Schifflein gegen die
übermächtigen Wassermengen.
„Land, Land!" rief das Weib, und stand hoch
aufgerichtet am Steuer. Ihre Haare flatterten auf
gelöst im Winde, und ihr ausgestreckter Arm deutete
nach dem schroffen Gipfel, der schemenhaft aus dem
einförmigen Grau hervortrat. Aber ihr Jauchzen
ging in einem Schrei unter.
Eine mächtige Woge schlug dem Manne das
Ruder aus den Händen und stürzte über den Kahn
hinweg. Sie ritz das Leinen auf und trug die drei
Jünglingsleiber mit sich fort. Mit wollüstigem
Toben nahm sie das herrische Meer an sich. Sie
kamen nie zurück in die Heimat Und zur letzten Ruhe
droben auf dem Berge über der Küste. Das Schick
sal hatte es nicht gewollt.
Ihr Grab sollten die Fluten sein, als wären
sie wie Helden gestorben.