Full text: Kasseler Dichterbuch

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Ich kehr' zurück, die Blicke dich umfassen, 
Dich sommerhellen, lieben Heimatsort, 
Und eure roten Blüten nicken dort 
Und fragen ernst: Wie konntest du uns lassen? 
Ich tret' ins liebe, enge Stübchen ein, 
Entschwund'ne Träume grüßen allerorten, 
Die alte Uhr tickt immer noch so fein, 
Und eure Herzen tun mir auf die Pforten, 
Ihr lächelt noch wie einst voll Sonnenschein, 
Mir ist, als wär' ich wieder Kind geworden. 
Die Fahrt der Toten. 
Ein breites Ruderboot durchquerte die Irische 
See; allein und verloren glitt es über die weite, 
schimmernde Flut dahin. An den Rudern saß ein 
alter, bärtiger Mann mit finsterem Gesicht und dem 
festen Wuchs der Kelten. Ihm gegenüber saß sein 
Weib mit harten, grauen Augen und Runzeln, die 
sich wie Runen in ihre Züge eingruben. Den Boden 
des Schiffes bedeckte ein Laken von ungebleichter, 
selbst bereiteter Leinwand. Undeutlich zeichneten sich 
unter dem derben Stoff die Formen menschlicher 
Leiber ab. Es waren die dreier Jünglinge, der 
Söhne des alten Paares, die bei der Seeräuberei 
gefaßt und drüben in Irland hingerichtet worden 
waren. Aber kaum hatten heimkehrende Genossen 
das Unglück berichtet, so traten die Eltern die ge 
fahrvolle Fahrt an, und ehe die Vögel die Körper 
zerrissen, landeten die Alten bei Nacht und Grauen 
in dem tanzenden Kahn und luden die Toten ein, 
um sie in das Heimatland Wales zurückzubringen. 
Still und tief lag das Meer in seiner unend 
lichen Größe. Der Mann hielt mit Rudern inne.
	        
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