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dich zu einem Manne, der dir entgegenkommt; deine
Seele haßt ihn, weil er das Weid in dir tödlich be
leidigen wird; aber du folgst ihm, denn dann wirst
du für diese Nacht warm gebettet sein, wirft eine Nacht
lang dein unselig Geschick in einem wilden Rausche
von Sinnlichkeit vergessen können. Und du nütztest
eine solche Nacht, denn wer weiß, wo du morgen ge
bettet bist. Vielleicht drunten im Armenhospital, ein
sam, verlassen, vernichtet an Leib und Seele, zerfallen
mit der Welt, mit Gott, mit dir selbst, ein welkes
Blatt am Stamme der Menschheit; oder du ruhst gar
hinten an der Kirchhofsmauer, in hölzernem Bette,
unter den Hagebuttsträuchern, hart am Wege;
denn unter den schützenden Zweigen der geweihten Fried
hofstannen darfst du nicht liegen: du bist ja selbst
noch im Tode die Ausgestoßene, die Ehrlose. — Wohl
alle, die da ruhen, sind gestorben in der Religion der
Liebe, der allverzeihenden göttlichen Liebe, — aber
dir konnten sie nicht verzeihen, wenn dir auch dein
Gott schon längst verziehen hätte in deinem hoffnungs
losen Unglück. — — Du versuchst, ein frohes Schel-
menlied zu singen; wir hören dich frohlocken, aber sehen
nicht, wie dein gequältes Herz heiße, bittere Tränen
weint; nur deine Lippen sind immer so müde, deine
Augen so traurig — und so schleppst du dich durchs
Leben, unglücklich, in stummer Verzweiflung, müde zum
Sterben
Du entschwindest vor meinem Blick am Arme jenes
Mannes; — für diese Nacht wirst du nun weich ge
bettet sein und wirft ein Heim haben. — Aber morgen
mußt du wieder umherstreifen auf den Gassen, frie
rend und hungrig, — ohne Schutz, ohne Wärme, ohne
Heimat .... -
Die Straßenlaternen flackern trübe auf und malen
fahle, verwaschene Reflere auf das nasse Pflaster. Der
Nebel lastet drückender über den Straßen, aus der