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Der Tag vertropfte dort voller und reicher sein Licht
Und floß auf den Boden und lag auf den Bänken
dicht
Und stand auf der Wand, wo Melozzos Engelchor
Anbetet den Christ, der zum Himmel fähret empor,
Anbetet mit Hoffnung, Friede, Musik und Klang,
Die Lippen geöffnet leise zum Engelsang
Und mit ihrem Lichte zum Frieden empor
Hin zu sich reißend, wer je in Kummer davor. —
Vor diesen Engeln saßen die beiden da,
Der Fremde links, Vicchefi rechts, ganz nah,
Und jedem war es, als wäre er ganz allein,
Als wären die Bilder da drüben, die Bilder sein,
Als wären die Knaben da mit dem Engelsgesicht
Ein Teil der Schöpfung, ein Fünkchen Himmelslicht.
Und jeder war stumm und staunte und starrte empor,
Und merkte nicht, wie er sich und die Welt verlor.
Da war ein Engel, der blickte die beiden an:
„Wo willst du denn hin, du müder, müder Mann,"
Die Finger rührten im Spiel den Euitarrenstrang,
Der Engel spielte und lauschte zugleich und sang.
Er sang so leise, so leise, er war so schön,
Gewiß die Welt, die hatte er nie gesehn! —
Dem andern flössen Flügel vom Rücken hervor,
Die strebten zum Himmel, höher und höher empor,
Sein goldenes Haar erglänzte wie Himmelslicht,
Und dann sein Gesicht — dies süße Engelsgesicht! —
Die Geige ruhte am braunen Faltengewand,
Den Bogen führte die zarte Knabenhand. —
Ein Dritter stürmte den Himmel mit Zymbelschlag,
Er war wie ein Morgen, ein Morgen am Frühlingstag,
Er war wie das Licht von Falten und Flecken rein,
Er war das jüngste der himmlischen Engelein. —