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Melozzo 6a Forlis Engel.
Cs war um Mittag, doch Luigi Vicchesi fror
Und ttat aus des Hauses verräuchertem Korridor
Am Weib vorbei, das Wasser zum Herde ttug,
Vorbei am Bett, wo das Fieber den Jüngsten schlug,
Hinaus ins Licht, das trüb' in die Gasse fiel,
Wo Nachbar Moronis Kinder alle beim Spiel.
Er suchte Ruhe, ja wahrlich, er suchte kein Licht,
Luigi Vicchesi kannte die Sonne nicht,
Denn drinnen im Haus sein Kind im Fieber —
der Tod,
Und draußen die Hand, seine Hand, die suchte nach
Brot.
Er war so müde, so müde und lebenssatt,
Er war so arm, und Armut macht stumpf und matt.
Er ging, durchschritt, durchlief die Straßen von Rom,
Die Tiberbrücke, den Platz am Petersdom.
Er trat durch die Tür, das Licht ward fahl Und
grau, \
Der Wanderer stand unter Michelangelos Bau:
Dort saß Sankt Peter — Luigi Vicchesi ging,
Die welke Lippe am ehernen Fuße hing
Und bat im Kuß und dantte und bat und schrie,
Er weinte sich aus — Luigi weinte sonst nie.
Der Römer ward stumm, sein Herz war matt und
schwer,
Er blickte sich um, die Fremden gingen umher,
Er ging einem nach und kam — ihm war's einerlei,
Ein Fremder selbst, mit dem Fremden zur Sakristei
Und setzte sich dort mit ihm aus die Fremdenbank
Des Küsters, der Bilder verkauft für einen Frank.