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„Anna ©ela/' rief jetzt die Prinzessin, von einer
plötzlichen Angst ergriffen, „Anna Gela?"
Doch kein Laut, keine Bewegung gab Antwort.
Nun ließ sich die Prinzessin neben der Hin
gesunkenen nieder, tastete sorglich über den Körper
hm, der, so schien es, all seine frühere Starre wieder
bekommen hatte. „Anna Gela" — die Prinzessin
wollte sie zurechtschütteln — doch regungslos fiel
Anna Gela immer wieder zurück. Nur über der
Prinzessin Hand rieselte jetzt etwas, feucht, klebrig,
warm und kühler werdend zugleich —
Auch dergleichen war der Prinzessin nie vor
gekommen; entsetzt schrie sie auf. Der Lakai kehrte
zurück; er brachte die elektrische Leitung wieder in
Ordnung. Und nun, hell von den Flammen be
leuchtet, lag Anna Gela da, steif, regungslos, kalt,
die Augen starr in das Leere gerichtet, so, wie sie
einst in ihrem Puppenkasten gelegen hatte. Nur an
ihrem Kopf klaffte eine Wunde, eine menschliche
Wunde. Nicht strohener, farbloser Häcksel, wie ihn
gewöhnlich die Puppenbälge bei einer Verletzung er
gaben — nein, rotes, warmes Blut riefelte unter
den blonden Locken, an den zierlichen Wangen, über
das blaue Samtkleid herunter.
Das sah gräßlich, schauerlich aus. Prinzessin Thea
starrte wie versteint auf das Schreckensbild — die
arme Anna Gela, die ihr so ähnlich war. Sie meinte
fast sich selbst da liegen zu sehen. Doch immer stärker
noch rieselte jetzt das Blut unter den blonden Locken
hervor, über das blaue Samtkleid und den Parkett
boden hin — Prinzessin Thea meinte, die Füße würden
ihr feucht. „Schafft sie fort!" schrie sie außer sich
und stürzte selber fort in das hinterste Zimmer des
Schlosses.
Aber das Entsetzen, der Kummer gingen mit. Sie
hatte ihre Anna Gela so lieb gehabt, sie konnte sich
nicht zufrieden geben.