Full text: Kasseler Dichterbuch

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Prinzessin Thea wollte jedoch solchen Einwand 
nicht gelten lassen, wahrscheinlich verstand sie ihn gar 
nicht. Sie nahm jauchzend ihren Liebling auf die 
Arme und reichte ihn bittend der allmächtigen Fee 
entgegen. 
Und die Fee schlug ihren blauen Mantel um 
des Kindes Puppe und küßte sie auf den Mund. 
Und es schien, als ob der Feenatem herüber- und 
hineinströmte in die Puppenbrust. Sie hob sich hoch 
und senkte sich wieder. In der Tat, wie Blut bewegte 
es sich schimmernd unter der Puppenhaut, in dev 
Puppenaugen leuchtete es auf mit warmem Strahl. 
Anna Gela reckte die Glieder, zuerst ziellos wie im 
Traum, dann schien der Traum zu weichen. Voll Ent 
zücken und Begeisterung warf sich Anna Gela der Prin 
zessin zu Füßen: „Danke, Mama!" sagte sie wie im 
mer, wenn es die Prinzessin am Platz fand. Nur 
daß sie eben von selbst zu dem Wort gekommen war und 
ihre Stimme anders klang, voll Seele, wie eine Men 
schenstimme fast. 
Da war Theas Freude unbeschreiblich; das 
Leben mit ihrem Liebling wurde eine Herrlichkeit. 
Anna Gela wurde jeden Tag lebendiger, selbständiger 
in ihren Bewegungen; ihr Wortschatz mehrte sich 
zum Erstaunen; ja sie bekam sogar zuletzt höchst 
eigene Einfälle. 
Damit aber auch änderte sich unmerklich, doch 
unaufhaltsam etwas in dem Verhältnis der beiden. 
Denn wenn Anna Gela, ob sie auch nicht mehr an 
der Schnur gezogen wurde, sich in ihren Äußerungen 
verhalten hatte, als ob sie noch am Schnürchen ging, 
so sagte sie ganz plötzlich auch mal nein, wo Prinzessin 
Thea lieber ein Ja vernommen hätte; behauptete 
dafür ein Ja, wo die Prinzessin ein Nein zu er 
warten liebte. Sie zog es vor, sitzen zu bleiben, 
wenn die Prinzessin Lust nach einem Lauf bezeigte,
	        
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