Berlin d 25 Maerz 1856.
Hochgeehrter Herr!
Vor ungefähr einem Jahre hatte ich mir die Freiheit genom-
men, Ihnen von Mainz aus ein Heft Lieder zuzusenden mit
der Bitte, mir Ihr offenes Urtheil darüber mitzutheilen.
Sie hatten damals die große Güte, dieser Bitte in reicherem
Maaße, als ich zu hoffen gewagt hatte, nachzukommen, indem
Sie mir Ihre freundliche Ermunterung zu Theil werden ließen.
Den Rath, den Sie mir damals gaben, meine theoretischen
Kenntnisse möglichst zu erweitern, konnte ich glücklicherweise
bald befolgen, und bin ihm – ich darf es dreist aussprechen –
treulich nachgekommen, indem ich seit Mai vorigen Jahres
unter der vortrefflichen Leitung des Herrn Prof. S.W. Dehn
hier die strengste Schule gewissenhaft durchgemacht, und
mir alle Arten der contrapunctischen Schreibart zu eigen
gemacht habe.
Als mein Opus 1 werden bei Schott in Mainz in einiger
Zeit 6 große Präludien und Fugen erscheinen, wie auch
eben in Leipzig eine große, gearbeitete Sonate für Geige
& Clavier im Druck ist. Ich habe diese letzterre vor Kurzem
hier in einer von mir veranstalteten Matinée gespielt,