Joseph Scholz
in
Mainz 29 März 1855
Hochgeehrter Herr!
Verzeihen Sie, wenn ich, ein Ihnen gänzlich Unbekannter
mir erlaube, Sie mit einer Bitte zu behelligen.
Ich übersende Ihnen nämlich anbei eine kleine Auswahl Lieder
von mir, einem jungen Dillettanten im alten Mainz; diese
Lieder sind in einer Zeit lebhafter Erregtheit entstanden, und
da meine ganze Subjectivität zu sehr damit verwebt war,
so habe ich natürlich alles Urtheil und jeden Maßstab für
deren objectiven, rein musicalischen Werth verloren; ich
schrieb eben, einem inneren Herzensdrang folgend, indem ich
mich allerdings bemühte meinen Gedanken eine möglichst
künstlerische Form, so gut es eben meinem leider nur allzu
lückenhafte musicalische Ausbildung gestattete, zu geben.
Ich stehe hier allein mit meinen Bestrebungen, oft gedrückt
durch den Mangel an Uebereinstimmung mit meiner
Denkungsart in meiner Umgebung, –- in eine Laufbahn ge-
worfen, der ich mich oft mit Widerwillen bequeme, –
so zu sagen abgeschnitten von jedweder Nahrung, jedem
Austausch, jeder Anregung für die Kunst, für die ich be-
geistert bin. Drum, verehrter Mann, wage ich es, mich
an Sie zu wenden mit der Bitte, die Erstlingsversuche,
die ich heute in Ihre Hände gebe, in einer Musestunde
freundlichst durchsehen zu wollen, und mir dann durch
wenige Zeilen ein freies, offenes – (o ich bitte Sie darum] –
unverhohlenes Urtheil mitzutheilen. Finden Sie