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Herde auseinander. Den zweiten Winter verschläft er wie den ersten,
und sollte ihm das nächste Frühjahr eine Überschwemmung bringen, so
kann diese zwar seine Entwickelung aushalten, ihn aber nicht töten, wie
die Erfahrung gelehrt hat. Nach abermaliger Häutung erlebt er den
10. Juli, seinen dritten Geburtstag, nun wird aber sein Leben gefährdeter;
denn nun weiß der Landmann, wenn er beim Umpflügen des Bodens die
glänzenden, weißlichen Würmer mit dem bläulichen, kolbigen Hinterleibs
ende herauswirft, daß er den „Engerling" in seinem Äcker hat. Die
Krähe weiß es auch, wenn sie ehrsam hinter dem Pfluge drein wandelt
und den fetten Bissen erfaßt, ehe er sich wieder unsichtbar machen kann.
Jetzt findet ihn der Gärtner leicht und erkennt ihn als den Missethäter,
wenn er eine vergilbte Pflanze erfaßt und dabei auch schon in der Hand
fühlt; denn jener hat die Gewohnheit, die Wurzel von unten bis zum
Wurzelstocke zu vertilgen, und da liegt er denn in der Regel, wenn dieser
abgehoben wird. Mit seiner Größe wächst natürlich auch der Verbrauch
der Nahrungsmittel, und man sollte kaum glauben, daß dieses Tier
daumenstarke Fichtenwurzeln verspeisen könnte. Unter allerlei Anfechtungen,
deren größte nächst dem Menschen von seiten des Maulwurfs dem Enger
linge bereitet werden, wirkt er noch ein drittes Lebensjahr und hat endlich
an seinem vierten Geburtstage seine volle Größe erreicht. Nun denkt er
daran, sein eigenes Grab auszumauern. Mitte September begibt er sich
sechzig, neunzig Centimeter, auch wohl einen Meter tief in den kühlen
Schoß der Erde hinab, arbeitet eine bequeme Höhle aus und glättet ihre
Wänoe säuberlich. Ist alles fertig, so legt er sich zurecht und schrumpft
ein; endlich streift er unter Krümmen und Winden die im Nacken geborstene
Haut, das letzte äußere Zeichen seiner Engerlingschaft, ab und wird zu
einer anfangs weißlichen, allmählich sich rötlichgelb färbenden Puppe, die
der Auferstehung entgegenharrt. Nach vier bis sechs Wochen, also etwa
am 1. November, ist unser Engerling — ein Maikäfer, ein blasses, weiches
Tier, das ruhig in seiner Wiege bis zum Februar liegen bleibt, nur
nach und nach erhärtend und dunkler werdend. In diesem Monate beginnt
die saure Arbeit des Emporkriechens. Von der Beschaffenheit des Bodens,
vor allem aber von der Witterung wird es abhängen, wann er die
oberste Schicht durchbricht. Taschenberg.
43. Der Seidenspinner.
Der Seidenspinner ist nicht sowohl wegen seiner Schönheit, als viel
mehr wegen seines großen Nutzens einem jeden Menschen von ganz be
sonderem Interesse. Er hat schmutzig- oder gelblichweiße Flügel, auf denen
blaßbraune Streifen und ein mondförmiger, oft kaum sichtbarer Fleck sich
befinden. Der äußere Rand der Vorderflügel ist ausgerandet. In China
einheimisch, wurde er unter der Regierung Jnstinians nach Europa gebracht
(551 n. Chr.), indem zwei Mönche die Eier desselben in ihren hohlen
Stöcken aufbewahrten und die Raupen aus diesen Eiern glücklich aus-
krochen. Das Weibchen legt einige Tage hintereinander 300 — 400 Eier,
welche nicht viel größer als Mohnkörnchen sind und durch eine Wärme
von l8—20 Grad in 4—8 Tagen ausgebrütet werden. Die kleinen
Räupchen wachsen schnell und nähren sich von den Blättern des weißen
Maulbeerbaumes. Nach 5 — 7 Tagen häuten sie sich zum ersten-, 5—7