Ist der Wind günstig, so läuft das Schiff aus. Sehr schlimm haben
63 die Seeleute, wenn sie auf ihren Fahrten Stürme zu bestehen haben.
Die Wellen gehen oft über das Schiff hinweg und spülen schwere Fässer
und Menschen mit sich fort, und doch müssen die Matrosen dabei in dem
Takelwerk herumkriechen, um die Segel und Taue zu befestigen. Da wird
denn dem Kapitän gar manchmal die Meldung gemacht: Ein Mann über Bord!
4 Durchnäßt hält der Seemann stundenlang auf seinem Posten aus,
ohne die gute Laune zu verlieren.
Wie manches Schiff fuhr am Morgen noch mit seinen Schätzen
stattlich aus dem ruhigen Meere dahin und war am Abend schon mit
Mann und Maus untergegangen, von den Flammen verzehrt oder an
den Felsenriffen gescheitert! —- Vom Seemann gilt noch viel mehr
als von andern Sterblichen das Wort: „Rasch tritt der Tod den Menschew
an." Hunderte von Schiffen samt den Mannschaften gehen jährlich unter.
Wenn nun aber der Schiffer sich mitten auf dem Meere befindet,
und weder Sonne noch Sterne ihm die Richtung zeigen, nach welcher
er fahren muß, wie findet er sich dann in der Wasserwüste zurecht? Er
hat einen zuverlässigen Wegweiser bei sich. Das ist der Kompaß. Es
ist ein kleines, aber merkwürdiges Instrument. In einer Kapsel schwebt
auf einem Stifte eine Nadel. Es ist ein Magnet. Dieser hat die be-
wunderswerte Eigenschaft, daß er mit der Spitze immer nach Norden
zeigt. Man mag die Magnetnadel drehen, wie man will; sowie man
den Finger losläßt, springt sie mit der Spitze wieder nach Norden,
^ und das andere Ende zeigt nach Süden. Ans dem Boden der Kapsel,
in welcher sich die Nadel befindet, sind die verschiedenen Himmelsgegenden
genau angegeben. Weiß nun der Seemann, wohin er fahren will, so
kann er in jedem Augenblicke berechnen, ob er sich ans dem richtigen
Wege befindet.
1. Was steht der nord'schen Fechter Schar
hoch auf des Meeres Bord?
Was will in seinem grauen Haar
der blinde König dort?
Er ruft in bittrem Harme,
auf seinen Stab gelehnt,
daß überm Meeresarme
^ das Eiland widertönt:
2. „Gib, Räuber, aus dem Felsverlies
die Tochter mir zurück!
Ihr Harfenspiel, ihr Lied so süß,
war meines Alters Glück.
Vom Tanz auf grünem Strande
hast du sie weggeraubt;
dir ist es ewig Schande,
mir beugt's das graue Haupt."
Da tritt aus seiner Kluft hervor
der Räuber groß und wild;
er schwingt sein Hünenschwert empor:
und schlägt an seinen Schild:
„Du hast ja viele Wächter,
warum denn litten's die?
Dir dient so mancher Fechter,
und keiner kämpft um sie?"
4. Roch stehn die Fechter alle stumm,,
tritt keiner aus den Reih'n;
der blinde König kehrt sich um:
„Bin ich denn ganz allein?"
Da faßt des Vaters Rechte
sein junger Sohn so warm:
„Vergönn' mir's, daß ich fechte!
Wohl fühl' ich Kraft im Arm." —
33. Der blinde König
3.