Full text: V. Teil (5. Teil, 1889)

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20. Hoch klingst du, Lied vom braven Mann, wie Orgelton und 
Glockenklang! Wer solchen Muts sich rühmen kann, den lohnt nicht Gold, 
den lohnt Gesang. Gottlob! daß ich singen und preisen kann, unsterblich 
zu preisen den braven Mann. Bürger. 
12. Eine 
1. Wer lehrt die Vöglein singen 
so süss und mannigfalt 
und Hirsch und Rehe springen 
im grünen Buchenwald? 
2. Wer heisst die Winde wehen 
bald stürmisch und bald leis, 
die Jahreszeiten gehen 
im wundervollen Kreis ? 
3. Und wer die Bächlein gleiten 
herab von steiler Höh’ 
und stolz die Ströme schreiten 
zur weiten, tiefen See? • 
4. Wer hat den Tag gezieret 
mit gold’nem Sonnenschein? 
Und wer am Himmel führet 
die tausend Sternelein — 
5. Dass sie gleich guten Kindern 
still gehen ihre Bahn 
und nicht einander hindern 
und sich nicht Stössen an ? 
Frage. 
6. 0 sag, wer ist der Eine, 
der Meister so geschickt, 
der mit so reichem Scheine 
die Blümlein hat geschmückt? 
7. Der hoch am Himmelskreise 
sein Zelt gespannet aus 
und auch mit treuem Fleisse 
gebaut das Schneckenhaus? 
8. Der über Länder zücket 
die Blitze, weiss und blau, 
und dann das Feld erquicket 
mit kühlem, frischem Tau? 
9. Den Meister, gross und milde, 
den nenne mir geschwind, 
der dich mit seinem Bilde 
geziert, mein liebstes Kind — 
10. Und der, bist du gegangen 
dem stillen Grabe zu, 
dich jenseits wird empfangen 
in seiner ew’gen Ruh’! 
11. Und kannst du mir ihn nennen, 
so folge ihm auch fromm, 
dann wird er dich auch kennen 
und sprechen: „Sei Willkomm’!“ 
13. Bor Sonnenaufgang in der Höhe 
1. Kein Stimmlein noch schallt von allen 
in frühester Morgenstund’; 
wie still ist's noch in den Hallen 
durch den weiten Waldesgrund! 
2. Ich stehe hoch überm Thäte 
stille vor großer Lust 
und schau nach dem ersten Strahle, 
kühle Schauer in tiefster Brust. 
3. Wie sieht da zu dieser Stunde 
so anders das Land herauf; 
nichts hör' ich da in der Runde, 
als von fern der Ströme Lauf. 
4. Und ehe sich alle erhoben 
des Tages Freuden und Weh, 
will ich, Herr Gott, dich loben 
hier einsam in stiller Höh'! — 
5. Nun rauschen schon stärker die Wälder. 
Morgenlicht funkelt herauf, 
die Lerche fingt über den Feldern, 
schöne Erde, nun wache auf! 
v. Eichendorff.
	        
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