10
20. Hoch klingst du, Lied vom braven Mann, wie Orgelton und
Glockenklang! Wer solchen Muts sich rühmen kann, den lohnt nicht Gold,
den lohnt Gesang. Gottlob! daß ich singen und preisen kann, unsterblich
zu preisen den braven Mann. Bürger.
12. Eine
1. Wer lehrt die Vöglein singen
so süss und mannigfalt
und Hirsch und Rehe springen
im grünen Buchenwald?
2. Wer heisst die Winde wehen
bald stürmisch und bald leis,
die Jahreszeiten gehen
im wundervollen Kreis ?
3. Und wer die Bächlein gleiten
herab von steiler Höh’
und stolz die Ströme schreiten
zur weiten, tiefen See? •
4. Wer hat den Tag gezieret
mit gold’nem Sonnenschein?
Und wer am Himmel führet
die tausend Sternelein —
5. Dass sie gleich guten Kindern
still gehen ihre Bahn
und nicht einander hindern
und sich nicht Stössen an ?
Frage.
6. 0 sag, wer ist der Eine,
der Meister so geschickt,
der mit so reichem Scheine
die Blümlein hat geschmückt?
7. Der hoch am Himmelskreise
sein Zelt gespannet aus
und auch mit treuem Fleisse
gebaut das Schneckenhaus?
8. Der über Länder zücket
die Blitze, weiss und blau,
und dann das Feld erquicket
mit kühlem, frischem Tau?
9. Den Meister, gross und milde,
den nenne mir geschwind,
der dich mit seinem Bilde
geziert, mein liebstes Kind —
10. Und der, bist du gegangen
dem stillen Grabe zu,
dich jenseits wird empfangen
in seiner ew’gen Ruh’!
11. Und kannst du mir ihn nennen,
so folge ihm auch fromm,
dann wird er dich auch kennen
und sprechen: „Sei Willkomm’!“
13. Bor Sonnenaufgang in der Höhe
1. Kein Stimmlein noch schallt von allen
in frühester Morgenstund’;
wie still ist's noch in den Hallen
durch den weiten Waldesgrund!
2. Ich stehe hoch überm Thäte
stille vor großer Lust
und schau nach dem ersten Strahle,
kühle Schauer in tiefster Brust.
3. Wie sieht da zu dieser Stunde
so anders das Land herauf;
nichts hör' ich da in der Runde,
als von fern der Ströme Lauf.
4. Und ehe sich alle erhoben
des Tages Freuden und Weh,
will ich, Herr Gott, dich loben
hier einsam in stiller Höh'! —
5. Nun rauschen schon stärker die Wälder.
Morgenlicht funkelt herauf,
die Lerche fingt über den Feldern,
schöne Erde, nun wache auf!
v. Eichendorff.