Full text: V. Teil (5. Teil, 1889)

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schwere Lasten tragen und hat für hundert Wagen Raum. Doch kaum 
entfernt der Greis sich wieder, so hüpft ein Knabe froh daher, der reißt 
die Brücke eilig nieder; di: siehst auch ihre Spur nicht mehr. 
Schiller. 
168. Neujahrslied. 
1. Mit der Freude zieht der Schmerz 
traulich durch die Zeiten; 
schwere Stürme, milde Weste, 
bange Sorge, frohe Feste 
wandeln sich zur Seiten. 
2. Und wo manche Thräne fällt, 
blüht auch manche Rose, 
schon gemischt, noch eh' wir's bitten, 
ist für Thronen und für Hütten 
Schmerz und Lust im Lose. 
3. War's nicht so im alten Jahr? 
Wird's im neuen enden? 
Sonnen wallen auf und nieder, 
Wolken gehn und kommen wieder, 
und kein Wunsch wird's wenden. 
4. Gebe denn, der über uns 
wägt mit rechter Wage, 
jedem Sinn für seine Freuden, 
jedem Mut für seine Leiden 
in die neuen Tage. 
Hebel. 
169. Regeln für den Hausstand. 
1. Bete und arbeite! — Bete! heißt's zuerst. Das ist der 
Morgensegen und der Tagessegen und der Abendsegen. Wo das Gebet 
das Tagewerk beginnt, fortsetzt und endet, da hilft Gott arbeiten. Da 
geht es frisch und freudig von der Hand, da ist das Arbeiten keine Last 
und Bürde, sondern eine Lust und Würde. Das Beten allein thut's 
nicht, aber das Arbeiten ohne Beten thuUs gar nicht; denn dem fehlt 
der Segen Gottes. Drum beides zusammen und nicht getrennt, das ist 
das rechte und echte. Die Alten wußten recht gut aus Erfahrung, warum 
sie das Morgengebet „Morgenfegen" und das Abendgebet ..Abend 
segen" nannten. 
2. Halt zu Rat, früh und spat, so jeder etwas übrig 
hat! Was man mit Gebet und Arbeit ehrlich und treu erworben hat, 
das bleibt dann im Hause und wandert nicht mit Saus und Braus 
ins Wirtshaus oder mit Seufzen ins Leihhaus oder zum Schornstein 
hinaus. 
3. Klein und rein! — Klein, das will sagen: einfach, bescheiden, 
demütig. Rein, das will sagen: frei von Unrecht und ohne Schulden. 
Am Hochmut und am Borgen gehen gar viele zu Grunde. Sie wollen 
Herren sein, sich dienen lassen, aber nicht dienen. 
4. Behalte die Freude im Hause! — Der Handwerksmann 
und der treue Arbeiter soll und muß einen fröhlichen Tag einmal haben. 
Wenn man am Sonntag in der Kirche gewesen ist, gebetet und in Gottes 
Wort gelesen hat, so ist der Nachmittag nicht entweiht, wenn der Haus 
vater sich mit Frau .und Kindern eine unschuldige Freude gönnt im Hause 
oder durch einen Gang ins Freie. Geht er aber allein ins Wirtshaus, 
so trägt er die Freude aus dem Hause fort. v. Horn.
	        
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