Full text: V. Teil (5. Teil, 1889)

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denn! Bindet mich fest, und gebt acht!" Bald ist er drunten. Mit 
rascher, geschickter Hand, hat er dem Brunnenmeister das Seil umge 
schlungen. „Schnell zieht ihn auf!" ruft er, „und dann denkt an mich, 
es ist.nicht zum Aushalten!" Aber die Stimme des Wackren klang schon 
wie Ächzen und Röcheln. Der Brunnenmeister war droben am Licht, 
leblos und braun wie ein Erstickter. Aber dem Peter drunten ist das 
Rufen auch vergangen. Man spürt nur noch ein immer matter werdendes 
Zucken am Seil und beginnt ihn eilig aufzuwinden. Wehe! — das Seil 
löst sich, und Peter stürzt in die Tiefe. Ein Schrei des Entsetzens entfährt 
den Männern am Brunnen. Und ein Jammer war's, die unterdes auch 
herbeigeeilten Eltern Peters zu sehen, wie sie wehklagend und händeringend 
baten, man möge doch Barmherzigkeit an ihnen thun und ihren Peter 
aus dem giftigen Brunnen holen. Todesangst hatte alle gelähmt. Die 
kostbaren Minuten verrannen, und der Unglückliche, der nun still geworden 
war, blieb in der Tiefe liegen. Da erhob sich das Herz eines der Bauern 
zu edler Mannheit, wie wenn ein Sonnenstrahl von oben hineinglänzt. 
„Ich wag's in Gottes Namen!" ruft er, „ihr Männer, her, laßt mich 
hinunter!" Und indem sie das Seil um ihn banden, empfahl er seine 
Seele samt Weib und Kind dem himmlischen Vater. Er kommt in die 
Tiefe, er spürt auch große Beklemmung. Aber der Peter, der sich nicht 
mehr rührt, noch regt, ist rasch festgebunden und aufgewunden. Nun 
ruft der Mann im Brunnen: „Um Gottes willen, helft, ich ersticke!" 
Doch hatte er noch so viel Besinnung, sich zu befestigen, und war alsbald 
wieder am Tageslicht. Die erquickliche Luft unter Gottes freiem Himmel 
brachte ihn schnell wieder zu sich. 
Die beiden andern aber lagen in tiefer, langer Ohnmacht, und dem 
schnell herbeigeholten Arzte gelang es erst nach vieler Mühe, das ohnmächtige 
Leben zu erwecken. Nach achttägiger Krankheit waren sie indessen wieder 
genesen. 
Der König, der diese Geschichte gehört hatte, ehrte die beiden Wackern 
mit dem Rettungsorden, und der Pfarrer des Dorfes überreichte die 
Medaillen an des Königs Geburtstage vor versammelter Gemeinde an 
heiliger Stätte. Zur Seite Peters trat dabei dessen Braut mit freudigem 
Stolz, und der Pfarrer legte ihre Hände zusammen und segnete sie. Aber 
die ganze Gemeinde war bewegt und voll großer Freude. 
151. Herzensgute der Königin Luise. 
Preußens Kronprinz, der nachmalige König Friedrich Wilhelm HL, 
und seine Gemahlin Luise von Mecklenburg-Strelitz führten eine Ehe, 
welche als Vorbild eines wahrhaft deutschen Familienlebens weithin durch 
das Land leuchtete. Ein Leben in solcher wechselseitigen Liebe und Treue 
war damals — wo die französische Weise vorherrschend war — auch an 
deutschen Fürstenhöfen sehr selten geworden. Am 10. März 1794 feierte 
Luise als Kronprinzessin ihren ersten Geburtstag in Berlin. Den König 
Friedrich Wilhelm II., der seine Schwiegertochter sehr lieb hatte und hoch 
hielt, schien eine Ahnung zu überkommen, daß Luise in ihrem tiefsten 
Denken und Empfinden eine innige Verwandtschaft mir der frommen 
Luise Henriette von Oranien, der Gemahlin des großen Kurfürsten, habe;
	        
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