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Mann zu den Auftritten vor, die bald folgen werden. Im übrigen,
wenn Sie bedenken, daß Sie Preußen sind, so werden Sie sich gewiß
dieses Vorzuges nicht unwürdig machen; ist aber der eine oder der andere
unter Ihnen, der sich fürchtet, alle Gefahren mit mir zu teilen, der kann
noch heute seinen Abschied erhalten, ohne von mir den geringsten Vorwurf
zu leiden!" Aus aller Augen leuchtete ihm auf diese Anrede nur tiefe
Rührung und feuriger Kriegsmut entgegen, und so fuhr er fort: „Schon
im voraus hielt ich mich überzeugt, daß keiner von Ihnen mich verlassen
würde, — ich rechne also ganz auf Ihre treue Hülfe und auf den ge
wissen Sieg. Sollte ich bleiben und Sie für Ihre geleisteten Dienste nicht
belohnen können, so muß es das Vaterland thun. Gehen Sie nun ins
Lager und wiederholen Sie den Regimentern, was Sie jetzt von mir
gehört haben." Einen Augenblick hielt er inne, dann fügte er mit ernstem
Ausdruck hinzu: „Das Regiment Kavallerie, welches nicht gleich, wenn es
befohlen wird, sich unaufhaltsam in den Feind stürzt, lasse' ich gleich nach
der Schlacht absitzen und mache es zu einem Garnisonregimente! Das
Bataillon Infanterie, das, es treffe, worauf es wolle, nur zu stocken an
fängt, verliert die Fahnen und die Säbel, ich lasse ihm die Borten von
der Montierung abschneiden! Nun leben Sie wohl, meine Herren, in
kurzem haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen
uns nie wieder."
Die Begeisterung, welche Friedrich durch diese Rede den Offizieren
eingeflößt, ging bald auf die gesamte Armee über, im ganzen Lager er
tönte lauter Jubel. Die alten Krieger reichten sich wechselseitig die
Hände und beschworen ihre jungen ^Kameraden, dem Feinde mutig
unter die Augen zu treten. Frohe Siegesbegeisterung durchdrang alle
Herzen.
Am Morgen des 5. Dezember (1757) zog Friedrich an der Spitze
der „Berliner Wachtparade" dem übermütigen Feinde entgegen. Ehe er
die Schlacht begann, rief er einen Offizier mit 50 Husaren zu sich und
sagte zu demselben: „Ich werde mich heute bei der Schlacht mehr aus
setzen müssen, wie sonst. Er mit seinen 50 Mann soll mir zur Deckung
dienen. Er verläßt mich nicht und gibt acht, daß ich nicht der Kanaille
in die Hände falle. Bleib' ich, so bedeckt er den Körper gleich mit seinem
Mantel und läßt einen Wagen holen. Er legt den Körper in den Wagen
und sagt keinem ein Wort. Die Schlacht geht fort, und der Feind'—
der wird geschlagen."
Seine Soldaten rückten unter dem Gesänge frommer Lieder mit Be
gleitung der Feldmusik dem Feinde entgegen. Ein Kommandeur wollte
ihnen Schweigen gebieten; Friedrich aber sagte: „Nein, laß er das; mit
solchen Leuten wird Gott mir heute gewiß den Sieg verleihen." Die
feindliche Schlachtlinie war fast eine ganze Meile lang; Friedrich konnte
nur siegen, wenn er es verstand, seine geringere Truppenzahl durch
schnelle und kräftige Verwendung gleichsam zu verdoppeln. Er täuschte
den Feind, indem er einen versteckten Angriff auf dessen rechten Flügel
machen ließ, während er den Hauptangriff gleich darauf auf den linken
Flügel richtete. Dieser wurde durch den heftigen Stoß der preußischen
Infanterie über den Haufen geworfen, und bald geriet darüber das ganze
österreichische Heer in Unordnung. Nach drei Stunden war die verhängnis-
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