Full text: V. Teil (5. Teil, 1889)

und aus der Schweiz herbei; 20000 Protestanten, welche die Ver 
folgungssucht des Königs Ludwig XIV. aus Frankreich vertrieben 
hatte, nahm er bereitwillig auf und gewann mit diesen fleifsigen, 
braven, tüchtigen Unterthanen einen grossen Segen für sein Land. 
Der vorzügliche Landesvater war auch ein vorzüglicher Regent; 
bald hatte er Einheit und Zusammenhang in die Verwaltung 
der verschiedenen Landesteile gebracht und seinem Staate 
auch nach aussen hin die grösste Geltung verschalst. Mit Recht 
nennt man ihn deshalb den „Schöpfer des preussischen 
Staates.“ 
Sein Wirken für das innere Wohl des Landes ist noch um so 
mehr zu bewundern, da er beständig in mancherlei Kriege ver 
wickelt war. So beteiligte er sich an dem Kriege, der zwischen 
Polen und Schweden entstand. Mit Hilfe seines tapferen Heeres, 
sowie durch kluges Verhandeln mit den kriegführenden Mächten 
gelang es ihm (1660), als unabhängiger erblicher Herzog „von 
Preussen“ anerkannt zu werden und so die Provinz zu erwerben, 
die später seinem Reiche den Namen geben sollte. Früher schon, 
im westfälischen Frieden 1648, hatte er das östliche Hinterpommern, 
sowie die Bistümer Magdeburg, Minden, Halberstadt und Kammin 
erworben. Als Ludwig XIV. ungerechter Weise in die Nieder 
lande einfiel, musste Friedrich Wilhelm einen Feldzug an den 
Rhein unternehmen. Aus Rache reizte Ludwig die Schweden, 
1674 in die Mark Brandenburg einzufallen. Die schwedischen 
Soldaten plünderten die Dörfer, verwüsteten die Saaten, trieben 
das Vieh weg und erpressten von den Einwohnern Geld durch 
die abscheulichsten Martern. Doch der Kurfürst konnte seinen 
getreuen Brandenburgern noch keine Hilfe gewähren. Da ordneten 
die Bauern sich selbst zu Kriegsscharen, bewaffneten sich mit 
Sensen, Dreschflegeln und Heugabeln und zogen den Schweden 
entgegen. Auf ihren Fahnen stand in grünem Eichenkranze die 
Inschrift: „Wir sind Bauern von geringem Gut und dienen unserm 
Kurfürsten mit Leib und Blut!“ Im folgenden Jahre aber kam 
der Kurfürst plötzlich mit 6000 Reitern, mit Kanonen uad Fuss- 
volk vom Rheine her nach Brandenburg, eroberte rasch die Stadt 
Rathenow und schlug die Schweden vollständig am 18. Juni 1675 
in der denkwürdigen Schlacht bei Fehrbellin am Rhyn (nördlich 
von Berlin). Er trieb die Schweden sogar aus Pommern, musste 
aber, von seinem Bundesgenossen, dem Kaiser Leopold, im Stiche 
gelassen, im Frieden zu St. Germain (1679) alle Eroberungen 
wieder herausgeben. Der Kaiser handelte ferner ungerecht gegen 
den Kurfürsten, da er die Fürstentümer Liegnitz, Brieg und Oppeln, 
die vertragsmässig nach dem Tode des Herzogs von Liegnitz an 
Brandenburg fallen mussten, ohne Grund und Recht an sich nahm. 
Als Friedrich Wilhelm so behandelt wurde, rief er voll gerechten 
Zornes aus: „Einst wird aus meiner Asche ein Rächer 
auferstehen!“ 
In der Sorge für das Land unterstützte ihn oft seine Ge 
mahlin Luise Henriette aus dem Hause Oranien. Sie war
	        
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