137
euch nicht vor dem Munde wegnehmen, lieber sollt ihr meine Gäste sein."
Sie lachten und meinten, er treibe seinen Spaß mit ihnen. Er aber
stellte sein hölzernes Tischchen mitten in die Stube und sprach: „Tischchen,
deck dich!" Augenblicklich war es mit Speisen besetzt, so gut, wie sie
der Wirt nicht hätte Herheischaffen können, und wovon der Geruch den
Gästen lieblich in die Nase stieg. „Zugegriffen, liebe Freunde!" sprach
der Schreiner; und die Gäste, als sie sahen, wie es gemeint war, ließen
sich nicht zweimal bitten, rückten heran, zogen ihre Messer und griffen
tapfer zu. Und was sie am meisten verwunderte, wenn eine Schüssel
leer geworden war, so stellte sich gleich von selbst eine volle an ihren
Platz. Der Wirt stand in einer Ecke und sah dem Dinge zu, wußte
gar nicht, was er sagen sollte, dachte aber: „Einen solchen Koch könntest
du in deiner Wirtschaft wohl brauchen." Der Schreiner und seine Ge
sellschaft waren lustig bis in die späte Nacht. Endlich aber legten sie sich
schlafen, und der junge Geselle ging auch zu Bett und stellte sein Wünsch
tischchen an die Wand. Dem Wirte aber ließen seine Gedanken keine
Ruhe; es fiel ihm ein, daß in seiner Rumpelkammer ein altes Tischchen
stünde, das gerade so aussähe. Das holte er ganz sachte herbei und ver
tauschte es mit dem Wünschtischchen. Am andern Morgen zahlte der
Schreiner sein Schlafgeld, packte sein Tischchen auf, dachte gar nicht
daran, daß er ein falsches hätte, und ging seiner Wege. Zu Mittag kam
er bei seinem Vater an, der ihn mit großer Freude empfing. „Nun,
mein lieber Sohn, was hast du gelernt?" sagte er zu ihm. „Vater, ich
bin ein Schreiner geworden." — „Ein gutes Handwerk," erwiderte der
Alte, „aber was hast du von deiner Wanderschaft mitgebracht?" — „Vater,
das beste, was ich mitgebracht habe, ist das Tischchen." Der Schneider
betrachtete es und sagte: „Daran hast du kein Meisterstück gemacht, das
ist ein altes und schlechtes Tischchen." — „Aber es ist ein Tischchen deck
dich," antwortete der Sohn, „wenn ich es hinstelle und sage ihm, es
solle sich decken, so stehen gleich die schönsten Gerichte darauf und ein
Wein dabei, der das Herz erfreut. Ladet nur alle Verwandte und
Freunde ein, die sollen sich einmal laben und erquicken; denn das Tischchen
macht alle satt." Als die Gesellschaft beisammen war, stellte er sein
Tischchen mitten in die Stube und sprach: „Tischchen, deck dich!" Aber
das Tischchen regte sich nicht und blieb so leer wie ein anderer Tisch,
der die Sprache nicht versteht. Da merkte der arme Geselle, daß ihm
das Tischchen vertauscht war, schämte sich, daß er wie ein Lügner dastand,
und die Verwandten lachten ihn aus und mußten angetrunken und un
gegessen wieder heim wandern. Der Vater holte seine Lappen wieder
herbei und schneiderte fort, der Sohn aber mußte bei einem Meister in
die Arbeit gehen.
Der zweite Sohn war zu einem Müller gekommen und bei ihm in
die Lehre gegangen. Als er seine Jahre herum hatte, sprach der Meister:
„Weil du dich so wohl gehalten hast, so schenke ich dir einen Esel von
einer besonderen Art; er zieht nicht am Wagen und trägt auch keine
Säcke." — „Wozu ist er denn nütze?" fragte der junge Geselle. „Er speit
Gold," antwortete der Müller; „wenn du ihn auf ein Tuch stellst und
sprichst: „Bricklebrit!" so speit dir das gute Tier Goldstücke aus." „Das
ist eine schöne Sacke," sprach der Geselle, dankte dem Meister und zog