125
Was holt sich der Mensch nicht alles aus dem Walde! Mit Brenn
holz versorgen sich die anwohnenden Städte und Dörfer, Glashütten und
Schmelzwerke. Zahllose Scheite schwimmen auf den Flüssen thalwärts,
um entfernteren Orten zu dienen. Aus Knorren, Astwerk und Wurzel
stöcken baut der Köhler seine Meiler auf und bietet den Hochöfen, dem
Goldschmied, dem Blecharbeiter, der Büglerin die starkheizenden Kohlen.
Die Harzscharrer sammeln Harz aus dem Nadelwald, andere wieder an
der gleichen Stelle Terpentin. Diese bereiten Kienrnß, jene Teer oder
Pech. Aus den jungen Eichenschlägen fahren ganze Wagen voll Eichen
rinde der Lohmühle zu, die unten im Thäte pocht und lärmt. Weiter
droben am Waldbache schnarchen die Sägen der Schneidemühle. Bretter,
Pfosten, Latten und Balken gehen aus ihr hervor. Auf den Straßen
ächzen die Achsen unter der Last schwerer Eichen-, Buchen-, Birken- oder
Tannenstämme. Andere werden zu Flößen zusammengesetzt und auf dem
Flusse weitergeschafft. Wer zählt die tausend und aber tausend Gestalten
auf, zu welchen die verschiedenen Holzarten unter den geschickten Händen
zahlreicher Handwerker und Künstler werden! Das Holz des Waldes
wird Wiege, wird Bett, wird — Sarg; es wird zum Stubengerät, zum
Pianoforte, zur Flöte, Violine und zum vielgestaltigen Spielzeug des
Kindes. Wo du im Zimmer auch hinschaust und auf den Straßen der
Stadt umherblickst, allenthalben grüßt dich der Wald. Denn allenthalben
trifft dein Auge auf Holzarbeit; wird ja Holz sogar zu Papier und Pappe
verarbeitet.
Auch die kleineren Gewächse des Waldes sind für das Menschenleben
nicht ohne Bedeutung. Zahllose Kinder und Frauen sammeln Erdbeeren,
Heidelbeeren, Preißelbeeren und Himbeeren. Andere tragen die Samen
der Waldbäume und Gräser zusammen und bringen sie zum Verkauf.
Wieder andere suchen eßbare Pilze und Arzeneigewächse, die ihnen im
Handel Geld einbringen. Auf den Märkten größerer Städte findet man
Sträußchen von Primeln, Veilchen, Maiblumen und anderen beliebten
Waldblumen feil geboten. Zu Ostern wandern die Zweige mit treibenden
Blütenkätzchen zur Stadt, zu Pfingsten setzt sich ein ganzer Birkenwald
in Bewegung, und zu Weihnachten wandert das Tannenbäumchen in die
Hütte des Armen wie in den Palast des Reichen. Auch die schlanken
Hafelzweige haben ihre Abnehmer, und das zähe Gezweig der Birke wird
zu Reiserbesen verwendet. Der Vogelfänger bietet die gefangenen Sing
vögel feil, auch wohl ein lustiges Eichhorn, eine Haselmaus oder ein
drolliges Käuzchen. Der Wildbrethändler breitet des Waldes Braten
stücke vor solchen Gutschmeckern aus, die neben dem Fleische der Haus
tiere auch noch anderes begehren: Wildschwein und Hirsch, Reh und
Hase, Fasan, Birkhuhn und Auerhahn.
V.
Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
den schickt er in die weite Welt,
dem will er seine Wunder weisen
in Berg und Thal, und Strom und Feld.
Fürs ganze Land kann ein Bergwald zur Wohlthat werden, indem
er die Quellen der Flüsse und Ströme schützt und die aus den Wolken