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9. Wie wird es in den fremden Wäldern
euch nach der Heimatberge Grün,
nach Deutschlands gelben Weizenfeldern,
nach seinen Rebenhügeln ziehn!
lO.Wie wird das Bild der alten Tage
durch eure Träume glänzend wehn!
Gleich einer stillen, frommen Sage
wird es euch vor der Seele stehn.
11. Der Bootsmann winkt. — Zieht hin in Frieden!
Gott schütz' euch, Mann und Weib und Greis!
Sei Freude eurer Brust beschieden
und euren Feldern Reis und Mais! Freiligrath.
118. Ein Gesang über den Wassern.
Nach Amerika geht die Strasse weit, und wer dahin will,
muss mehr als einen Sonntag unterwegs bleiben. Dorthin zogen
im vorigen Sommer vom Rhein her zwei Bauersleute, denen es in
der Heimat nicht mehr wohlgefiel. Und sie waren schon wochen
lang mitten auf dem Weltmeere, wo man keinen grünen Wald sieht
und keinen Kornacker, und des Morgens kräht kein Hahn, und
des Mittags bläst kein Hirte; und wenn manchmal ein Vogel sich
zeigt, so ist’s keine Schwalbe, die den lieben Sommer verkündigt,
auch keine Lerche, die einem auf dem Felde singen hilft im
goldenen Sonnenschein, sondern ein Sturmvogel, der ein bös und
brausend Wetter ansagt. Auch hat man da keinen festen Boden
unter den Füssen wie hinter dem Pfluge, sondern das wankt und
schwankt in einem fort, und es wird einem an Leib und Seel'
sterbensweh dabei. So geht’s alle Tage, und droben sieht man
nur den unendlichen Himmel und drunten das weite, weite Ge
wässer, und die Sonne hat kein trocken Plätzchen, wo sie abends
sich hinlegen kann, sondern geht ius Meer zu Bett und steht aus
dem Meere wieder auf.
Nun gefielen zwar anfänglich unseren zwei Landsleuten die
Meereswunder nicht wenig; denn alles Neue lockt und reizt des
Menschen Herz. Aber wie es alle Tage dasselbe gab und kein
Ende nehmen wollte, ward ihr Mut gar geringe. Und sie safsen
oft bei einander oben auf dem Schiffsboden und sahen mit trüb
seligen Blicken hinunter in die See und hinaus, wo sie herge
kommen waren.
Also safsen sie einstmals auch wieder beisammen droben auf
dem Verdeck an einem Sonntagmorgen. Da sagte der eine: „Jetzt
ist’s daheim im Dorfe auch Sonntag; die Glocke ist neun, und es
läutet zur Kirche, und alle Menschen gehen hinein; unser Pfarrer
hat den Chorrock an, und unser Lehrer sitzt an der Orgel.“ Da
sagte der andere: „Ich hätt’s mein Lebtag nicht geglaubt, dass
einem der Sonntag so weh thut und die Seel’ drückt, wenn man
ihn nicht hat.“ Und nun schwiegen beide und dachten an ihre
Heimat, und es stand ihnen ihr Dorf vor der Seele mit den blauen
Bergen weit hinaus und die grünen Wälder und Felder, und hier
und dort wird geläutet, und über die Wiesen und durch die Ge
büsche gehen die Kirchleute, und nachher wird alles still draussen;
nur die Hirten und die Herden und die Vögel sind noch da, und
die Sonne scheint friedlich.