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7. Früh that ihr des Hirtenhornes
Getön
ihr Elend von neuem zu wissen.
„O wehe! Nun hab' ich nichts aufzu
stehn !"
so schluchzte sie nieder ins Kissen.
8. Sonst weckte des Hornes Geschmetter
ihr Herz,
den Vater der Güte zu preisen,
jetzt zürnet und hadert entgegen ihr
Schmerz
dem Pfleger der Witwen und Waisen.
9. Und horch! aus Ohr und aus Herz
wie ein Stein
fiel's ihr mit dröhnendem Schalle;
ihr rieselt ein Schauer durch Mark
und Gebein,
es dünkt ihr wie Brüllen im Stalle.
10. „O Himmel, verzeihe mir jegliche
Schuld
und ahnde nicht mein Verbrechen!"
Sie wähnt', es erhübe sich Geister
tumult,
ihr sträfliches Zagen zu rächen.
11. Kaum aber hatte vom schrecklichen
Ton
sich mählich der Nachhall verloren,
so drang ihr noch lauter und deut
licher schon
das Brüllen vom Stalle zu Ohren.
12. „Barmherziger Himmel, erbarme dich
mein
und halte den Bösen in Banden!"
Tief barg sie das Haupt in die Kissen
hinein,
daß Hören und Sehen ihr schwanden.
13. Hier schlug ihr, indem sie im Schweiße
zerquoll,
das bebende Herz wie ein Hammer;
und drittes, noch lauteres Brüllen er
scholl,
als wär's vor dem Bett in der
Kammer.
Deutsches Lesebuch. Ausgabe 0. V. Teil.
14. Nun sprang sie mit wildem Entsetzen
heraus,
stieß auf die Laden der Zelle;
schon strahlte der Morgen; der Dämme
rung Graus
wich seiner erfreulichen Helle.
15. Und als sie mit heiligem Kreuz sich
versehn:
„Gott helfe mir gnädiglich, Amen!"
Da wagte sie's, zitternd zum Stalle
zu gehn
in Gottes allmächtigem Namen.
16.0 Wunder! Hier kehrte die herrlichste
Kuh,
so glatt und so blank wie ein Spiegel,
die Stirne mit silbernem Sternchen ihr
Zu;
vor Staunen entsank ihr der Riegel.
17. Dort füllte die Krippe frischduftender
Klee
und Heu den Stall, sie zu nähren;
hier leuchtet' ein Eimerchen, weiß wie
der Schnee,
die strotzenden Euter zu leeren.
18. Sie trug ein zierlich beschriebenes
Blatt
um Stirn und Hörner gewunden:
„Zum Troste der guten Frau Magda
lis hat
N. N. hierher mich gebunden."
19. Gott hatt' es ihm gnädig verliehen,
die Not
des Armen so wohl zu ermessen;
Gott hatt' ihm verliehen ein Stücklein
Brot,
das konnt' er allein nicht essen.
20. „So," schwur mir mein Nachbar, „so
ist es geschehn,"
allein er verbot mir den Namen.
Gott lass' es dem Edlen doch wohl
ergehn!
das bet' ich herzinniglich, Amen!
Bürger.
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