Full text: V. Teil (5. Teil, 1889)

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und will ihn hinausjagen. Denn an seiner Kleidung war er selten 
kenntlich, weil er's nicht verschmähte, auch wohl ein geflicktes Wams zu 
tragen, wie er sich denn gar im Felde seinen grauen Rock selber zu flicken 
pflegte. „Seid nicht zornig, liebe Frau," bat er gutmiitig, „ich bin ein 
guter, alter Landsknecht, hab' nit viel und muß es mitnehmen, so gut 
mir's kommt." — „Ei was!" keifte das Weib, „troll dich hin zu deinem 
Bettelkönig! Es geschieht euch allen recht. Ihr sangt ja doch nur das 
Land aus und nehmt den armen Leuten die Nahrung!" — „Was hat 
euch denn der arme König gethan, das so böse ist?" — „Was?" schrie 
das Weib, „zieht er nicht von Stadt zu Stadt und liegt den armen 
Bürgern zur Last mit seinem großen Troß? Und nun sag' ich dir, mach, 
daß du fortkommst, oder — —" Er wollte noch einmal die Güte ver 
suchen, aber das boshafte Weib goß ihm einen Kübel Wassers über den 
Leib, und hätte er auch nicht wie ein Pudel getrieft, so mußte ihn schon 
der erstickende Qualm verjagen, der in dem Äugenblick aus dem Kohlen- 
hanfen aufstieg. Er ging still zu den Seinigen und sagte nichts. Bei 
Tische gab er einem Diener eine Flasche Wein und eine Schüssel voll des 
besten Essens und sagte ihm: „Trag das zu der Bäckerfrau und sag ihr, 
das schicke ihr der alte Landsknecht von heut morgen, und er lasse sich 
schön bedanken." Das Weib war fast des Todes vor Schrecken; sie lief 
zum Könige, that einen Fußfall und bat um Gnade. Rudolf legte ihr 
die Strafe auf, daß sie alle Schimpfworte von diesem Morgen mit dem 
selben Geifer vor der Tischgesellschaft wiederholen mußte, und er gab 
genau acht, daß sie kein Wort und keine Gebärde ausließ, worüber die 
Anwesenden sich fast außer Atem lachen mußten. — 
Von seiner ungemeinen Geistesgegenwart noch folgendes Beispiel. 
Als er einmal nach Nürnberg kam, daselbst einen Reichstag zu halten, 
gingen ihn, wie gewöhnlich, viele Bürger um Gerechtigkeit an. Unter 
diesen war auch ein Kaufmann, der hatte einem^ vornehmen Gastwirt in 
Nürnberg, bei dem er eingekehrt war, 200 Mark Silbers in einem ledernen 
Beutel aufzuheben gegeben, und als er wieder hatte wegreisen wollen, 
hatte der schurkische Wirt, der nichts Schriftliches von sich gegeben, die 
ganze Sache geleugnet. Der Kaufmann erzählte dem Kaiser alle einzelnen 
Umstände genau und sagte ihm zugleich, der Wirt würde mit unter den 
Abgeordneten der Stadt sein, die ihm heute ihre Aufwartung machen 
würden. Der Kaiser hieß ihn hierauf abtreten und sich bis dahin ver 
borgen halten. Jetzt kamen die Abgeordneten; Rudolf unterredete sich 
mit ihnen, fragte sie nach ihren Namen und Gewerben und sagte dann 
wie verloren zu dem Wirte: „Höre, du hast einen hübschen Hut; ich 
geb' dir meinen dafür." Der Bürger machte sich eine Ehre daraus, mit 
dem Kaiser zu tauschen, und Rudolf setzte den neuen Hut recht wohlge 
fällig auf. Während des ferneren Gesprächs ging er einmal hinaus, rief 
einen sichern Bürgersmann und sagte ihm: „Lauf eilig zu des Gast 
wirts Frau und sage ihr, ihr Mann verlange ganz geschwind den ledernen 
Beutel mit dem Gelde des Kaufmanns — zum Wahrzeichen schicke er 
hiermit seinen Hut." Die Frau bedachte sich bei dem Anblick des Hutes 
nicht lange, das Geld herauszugeben, der Bote brachte es dem Kaiser, und 
dieser steckte es still ein und trat mit dem Hute wieder in den Saal. 
Als er die Stadtverordneten entließ, behielt er den Gastwirt zurück und
	        
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