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Hause ?“ — „Kein fremder,“ antwortete man ihm, „denn er ist unsrer
gnädigen Frau verlobt und bekommt beute das Braunschweiger
Land.“ — „So bitte ich,“ sagte der Herzog, „die Braut um einen
Trunk Weins, mein Herz ist mir ganz matt.“ Da lief einer von
den Leuten hinauf zu der Fürstin und hinterbrachte, dass ein
fremder Gast, dem ein Löwe mitfolge., um einen Trunk Wein bitten
lasse. Die Herzogin verwunderte sich, füllte ihm ein Geschirr
mit Wein und sandte es dem Pilgrim. „Wer magst du wohl sein,“
sprach der Diener, „dass du von diesem edlen Wein zu trinken be
gehrst, den man allein der Herzogin einschenkt?“ Der Pilgrim
trank, nahm seinen goldnen Ring und warf ihn in den Becher und
hiess diesen der Braut zurücktragen. Als sie den Ring erblickte,
worauf des Herzogs Schild und Name geschnitten war, erbleichte
sie, stund eilends auf und trat an die Zinne, um nach dem Fremd
ling zu schauen. Sie ward des Herrn inne, der da mit dem
Löwen safs; darauf liess sie ihn in den Saal entbieten und fragen,
wie er zu dem Ring gekommen wäre, und warum er ihn in den
Becher gelegt hätte. „Von keinem hab’ ich ihn bekommen, sondern
ihn selbst genommen, es sind nun länger als sieben Jahre; und
den Ring hab’ ich hingelegt, wo er billig hingehört.“ Als man
der Herzogin diese Antwort hinterbrachte, schaute sie den Fremden
an und fiel vor Freuden zur Erde, weil sie ihren geliebten Gemahl
erkannte; sie bot ihm ihre weifse Hand und hiess ihn willkommen.
Da entstand grosse Freude im ganzen Saal; Herzog Heinrich setzte
sich zu seiner Gemahlin an den Tisch, dem jungen Bräutigam
aber wurde ein schönes Fräulein aus Franken angetraut. Hierauf
regierte Herzog Heinrich lange und glücklich in seinem Reiche.
Ais er in hohem Alter verstarb, legte sich der Löwe auf des
Herrn Grab und wich nicht davon, bis er auch verschied. Das
Tier liegt auf der Burg begraben, und seiner Treue zu Ehren
wurde ihm eine Säule errichtet. Grimm.
1. Zu Limburg auf der Feste,
da wohut’ eiu edler Graf,
den keiner seiner Gäste
jemals zu Hause traf;
er trieb sich allerwegen
Gebirg’ und Wald entlang,
kein Sturm und auch kein Regen
verleidet ihm den Gang.
2. Er trug ein Wams von Leder
und einen Jägerhut
mit mancher wilden Feder,
das steht den Jägern gut;
es hing ihm an der Seiten
ein Trinkgefäß von Buchs;
gewaltig konnt’ er schreiten
und war von hohem Wuchs.
Wohl hatt’ er Knecht’ und Mannen
und hatt' ein tüchtig Roß,
ging doch zu Fuß von dannen
und ließ daheim den Troß.
Es war sein ganz Geleite
ein Jagdspieß, stark und lang,
mit dem er über breite
Waldströme kühn sich schwang.
4. Nun hielt auf Hohenstaufen
der deutsche Kaiser Haus,
der zog mit hellen Haufen
einstmals zu jagen aus.
Er rannt’ auf eine Hinde
so heiß und hastig vor,
daß ihn sein Jagdgesinde
im wilden Forst verlor.
95. Der Schenk von Limburg.
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