Full text: V. Teil (5. Teil, 1889)

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im Stich. Der Kaiser bat ihn dringend um seinen Beistand, er fiel end 
lich ihm zu Füßen und flehte, in der Stunde der Gefahr nicht von ihm 
zu lassen. Umsonst, Heinrichs stolzer Sinn blieb unerbittlich. Da trat 
die Kaiserin hinzu und sagte: „Stehet auf, lieber Herr! Gott wird 
euch helfen, wenn ihr einst dieses Tages und dieses Hochmutes gedenkt." 
Und der Kaiser erhob sich; Heinrich aber warf sich auf sein Pferd und 
sprengte davon. Sein Trotz blieb nicht unbestraft. Friedrich kehrte nach 
beendigtem Kampfe nach Deutschland zurück und lud nun den Herzog vor, 
wegen' seines Ungehorsams sich auf einem Reichstage zu verantworten. 
Da Heinrich nicht erschien, so wurde er in die Reichsacht erklärt und 
verlor seine beiden Herzogtümer. Sachsen wurde an mehrere Fürsten 
verteilt; Bayern erhielt der tapfere, dem Kaiser treu ergebene Otto von 
Wittelsbach, der Stammvater des jetzigen bayerischen Fürstenhauses. 
Zwar griff nun Heinrich der Löwe zu den Waffen, um sich seine Be 
sitzungen zu erhalten; allein er vermochte sich gegen den Kaiser nicht zu 
behaupten und bat diesen endlich fußfällig um Gnade. Friedrich hob den 
gedemütigten Mann gütig auf und umarmte ihn voll Rührung. „Du 
bist selbst die Ursache deines Falles," sprach er. Heinrich blieb zwar 
der beiden Herzogtümer verlustig und mußte drei Jahre Deutschland ver 
lassen; doch behielt er sein Stammland Braunschweig, in dessen Haupt 
stadt noch jetzt ein eherner Löwe vor der Domkirche steht, den-wr als 
Zeichen seines Mutes errichtet hat. 
4. Am Abend seines Lebens unternahm der ritterliche Kaiser noch 
einen Kreuzzug nach dem gelobten Lande. Es galt, in Jerusalem, das 
wieder den Türken in die Hände gefallen war, die christliche Herrschaft 
herzustellen. An der Spitze eines zahlreichen Heeres zog der greise Held 
aus nach dem Morgenlande. Aber er sollte das Ziel seiner Kreuzfahrt 
nicht erreichen. Als er in Kleinasien auf seinem Streitroß einen Fluß 
durchschwimmen wollte, rissen ihn die Wellen fort, und leblos brachten 
ihn seine Gefährten ans Ufer. So beschloß Friedrich seine Heldenlauf 
bahn. Unbeschreiblich war der Jammer seines Heeres, unbeschreiblich die 
Trauer des ganzen Volkes, als die Kunde seines Todes nach Deutschland 
gelangte. Das Volk konnte es lange gar nicht glauben, daß sein großer 
Kaiser, der gewaltige Barbarossa, wirklich gestorben sei. Und noch lebt 
er fort in der Sage. Im Thüringerlande, erzählt sie, tief unten im 
Kyffhäuserberge sitzt er schlafend, das Kinn gestützt ans einen steinernen 
Tisch, durch den sein Bart gewachsen ist. Den Gipfel des Berges um 
kreisen Raben; endlich aber wird ein Adler kommen und sie hinweg 
scheuchen. Dann erwacht der alte Barbarossa aus seinem Schlummer und 
bringt die alte Macht und Herrlichkeit des deutschen Reiches wieder. 
Andrä. 
94. Heinrich der Löwe. 
Zu Braun schweig steht aus Erz gegossen das Denkmal eines 
Helden, zu dessen Füssen ein Löwe liegt; auch hängt im Dom 
daselbst eines Greifen Klaue. Davon lautet folgende Sage: Vor 
zeiten zog Herzog Heinrich, der edle Welf, nach Abenteuern aus. 
Als er in einem Schiff das wilde Meer befuhr, erhub sich ein 
heftiger Sturm und verschlug den Herzog; lange Tage und Nächte
	        
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