Full text: V. Teil (5. Teil, 1889)

noch etwas zu retten. Aber die Heuschrecken fraßen auch die auf dem 
Boden liegenden Halme fast unter der Sense weg, und diese schwanden so 
schnell, daß es unmöglich war, auch nur das allergeringste heimzubringen. 
— Wenn die Frucht schon fast reif ist, so thun sie ihr wenig Schaden. 
Da sie, wie gesagt, am häufigsten zu Ende des Juli oder August kommen, 
so finden sie auch die meisteil Fruchtarten schon reif nnb eingeerntet. Es 
stehen dailn gewöhnlich nur noch Mais, Hirse, Buchweizen und einige 
andere Früchte. — Früher fanden sie auch noch den Hafer. Man hat 
aber jetzt hier und da der Heuschrecken wegen eine Art frühzeitigen Hafers 
eingeführt, der schon in der Mitte des Juli geerntet werden kann. Was 
die Gärten betrifft, so sind voll ihnen die Gemüsegärten am meisten ge 
fährdet. Die Heuschrecken scheinen die großen Blätter der Melonen und 
Gurken sehr zu lieben und lassen gar nichts davon übrig als die Wurzeln 
und die Früchte; diese allein sieht man alsdann unreif und angenagt auf 
dem Boden herumliegen. Von den Weintrauben nagen sie nur die Stiele 
ab, die Beeren aber findet man im Grase. Das Schilf lieben die Heu 
schrecken ebenfalls sehr und fressen sowohl die scharfen Schilfblätter als 
auch die Rohrstengel bis auf den unteren, allzu harten Teil. Sie hausen 
daher beständig in den großen Schilfdickichten der Flüsse, in denen sie 
vielfach auf- und abwandern. Fällt ein Heuschreckenheer in einen Obst 
garten, so entblößt es die jungen,.Zweige der Büsche und Bäume auf 
der Stelle von ihrer Rinde. Die Äste der Bäume, mit fressenden Tieren 
beladen, neigen sich herab. Dieses Rupfen, Knistern und Knacken und 
dieses beständige Schütteln der Unzahl von Flügeln klingt gerade wie 
der Lärm in einer Werkstatt, in der gebohrt, gehobelt, gehackt mtb ge 
schabt wird, und fliegen die Insekten wieder ans, so zeigt sich ein so 
gründlicher und abscheulicher Ruin, wie ihn kaum ein zweites Tier zu stände 
bringen kann. Zwiebeln, weiche Wurzeln, Rüben u. s. w. werden von 
den Heuschrecken so weit abgefressen, als sie aus dem Boden hervorragen, 
und vieles holen die Tiere selbst noch aus der Erde heraus. Den hohen 
Grad ihrer Freßgier bezeichnet es, daß sie selbst das alte, faule Schilf 
der Dächer völlig verzehren. Wenn die Heuschrecken satt sind, so ist es 
leicht, sie zum Auffliegen zu bewegen. Zu Anfang, wenn ihr Appetit 
noch frisch ist, fliegen sie freilich auch auf, wo man den Fuß hinsetzt, oder 
wo man an einem Busch schüttelt; aber sie fallen dann sogleich wieder 
nieder. Kohl. 
87. Kaiser Otto I. 
1. Zu Quedlinburg im Dome ertönet Glockenklang, der Orgel Stimmen 
brausen zum ernsten Chorgesang; es sitzt der Kaiser drinnen mit seiner 
Ritter Macht, voll Andacht zu begehen die heil'ge Weihenacht. 
2. Hoch ragt er in dem Kreise mit männlicher Gestalt, das Auge 
scharf wie Blitze, von goldnem Haar umwallt; man hat ihn nicht zum 
Scherze den Löwen nur genannt, schon mancher hat empfunden die löwen 
starke Hand. 
3.. Wohl ist auch jetzt vom Siege er wieder heimgekehrt, doch nicht 
des Reiches Feinden hat mächtig er gewehrt; es ist der eigne Bruder, 
den seine Waffe schlug, der dreimal der Empörung blutrotes Banner trug.
	        
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