Maße wuchsen die Anforderungen, die an die Schulen gestellt wurden.
Bald rückten nach allen Richtungen kleinere und größere Kommandos ab unter
Leitung von Vertrauensschülern und unter Oberaufsicht eines Lehrers, der
die Arbeitsstellen abwechselnd aufsuchte, um nach dem Rechten zu sehen und
etwaige kleine Mißhelligkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu
schlichten. Solche kleine Reibungen ließen sich begreiflicherweise nicht ganz
vermeiden, war es doch ebenso schwer für den Gutsherrn und Bauern, sich
gegenüber so ungewohntem Arbeitermaterial an den richtigen Ton und die
entsprechende Behandlungsweise zu gewöhnen, wie für diese z. T. noch halben
Rinder, sich in die Rolle eines Rnechtes oder Tagelöhners hineinzufinden.
In: ganzen ist das redliche Bemühen der jungen Hilfsarbeiter und der
Arbeitseifer sowohl von den einzelnen Landwirten wie auch von der Land-
wirtschaftskammer durchaus anerkannt worden, und die letztere hat vielen
Schülern ein dauerndes Zeichen der Anerkennung und des Dankes in Form
eines Abzeichens verlieben. Viel beschwerlicher als die Sommerernte war
die Herbsternte bei oft schon recht kaltem und nafiem Wetter. Den ganzen
Tag auf den Kartoffeläckern zu hocken oder gar bis in den November Rüben,
besonders Zuckerrüben,zu ziehen, das ist eine so sauere und anstrengende
Arbeit, daß selbst unser ländlicher 2lrbeiter oft versagt und nur der beschei
denere und ausdauerndere Pole noch zu brauchen ist. 2lber auch diese schwere
Arbeit haben unsere Schüler mit rühmenswertem Fleiß und großer Gewiffen-
haftigkeit erledigt, und es war für den betreffenden Lebrer, dem dieser Be
trieb unterstellt war, eine herzliche Freude, bei seinen Bestchtigungsreisen
festzustellen, daß jeder nach Rräften den ihm zugewiesenen Posten auszufüllen
suchte. Unsere landwirtschaftlichen Rolonieen erstreckten sich bis weit ins
Land: in Weimar, Ehrsten, stimme, Rarlsdorf, Grebenstein, Rörle, Alt
melsungen, Dorla, Frielendorf, Udenborn, Felsberg, Sieberhausen, Gilser
berg, Weißenhasel, 2lsbach, Vollmarshausen, Harmutsachsen und noch manchen
anderen Orten saßen unsere Jungen bald acht, bald vierzehn Tage, auch
drei bis vier Wochen und länger, und arbeiteten unverdroffen, wenn es auch
manchem schwer wurde. Jetzt wurde den zum Teil verwöhnten und verzärtelten
Stadtkindern erst einmal klar, was ländliche Arbeit bedeutet. Von früh bis
spät bei wind und Wetter auf schmutzigem Acker zu arbeiten, draußen
auf dem Felde oder auf hölzernem Schemel am ungedeckten Tisch die einfache
ländliche Rost zu verzehren, auf hartem Strohsack in zugiger Bodenkammer
zu schlafen, das war nicht so einfach. 2lber das Bewußtsein, dem bedrängten
Vaterland in seiner Plot zu helfen, mußte alles Mißbehagen verscheuchen,
alle Klagen zum Schweigen bringen. Zweifellos hat diese gemeinsame kame
radschaftliche Tätigkeit auch erziehlich auf alle einen günstigen Einfluß aus
geübt und vielleicht bei manchem den Grund zu sozialerem Empfinden ge
legt. — Für die Schule war es bei solchen Störungen natürlich nicht leicht,