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eröffnet. iZinft zu ganz anderen Zwecken errichtet — man erkennt seine eigens
liche Bestimmung als Marstall noch heute an den rundbogigen Fenstern des
Erdgeschosses —, bot es in dem aufgebauten Gberstock nicht nur genügenden
Raum für die vier zu übernebmenden Gberklassen des Lyceums, einen Mustk-
und Zeichensaal und einige Rabinette für Sammlungen, sondern es gewährte
noch ausreichenden Platz, um später drei weitere Zimmer für die unteren
Rlassen einzurichten. — Nachdem also die Stadt vom Gberappellationsgericht
in zweiter Instanz mit ibren Ansprüchen endgültig abgewiesen war, wurde
der weg friedlicher Verhandlung beschritten. Es ist das Verdienst des da
maligen Stadtoberhaupts Schomburg und des Ronststorialdirektors Pfeiffer,
daß am i i. Januar 1640 endlich ein Vertrag zustande kam.* Cäsar erlebte
das Ende dieses Streites nicht mehr. Aber schon die Gründung der neuen
Staatsanstalt ließ ibn das Schicksal seiner Schule abnen. Diese zweite
große Demütigung, die dem 72jährigen Manne, der über dreißig Jahre
als Rektor an der Spitze der Vollanstalt gestanden batte, widerfuhr, bildete
den äußeren Anlaß für ihn, um seine Entlassung einzukommen. Ganz abge
sehen davon, daß er besser längst vorher freiwillig von einem Platze bätte
weichen sollen, den er nicht mehr auszufüllen vermochte, kann man dem
alten Herrn, der der Anstalt sein ganzes Leben gewidmet und in treuer und
gewissenbafter Arbeit sich zweifellos Verdienste um dieselbe erworben batte,
ein gewisses Mitleid nicht versagen. Aber kurz vor seinem Abgang war es
ihm wenigstens vergönnt, noch eine Freude zu erleben, die ibn für manches
Bittere entschädigte, die Feier seines fünfzigjährigen Dienstjubiläums. Im
großen Stadtbausaale fand sie statt, und Stadt, Staat und Schule wett
eiferten, dem Jubilar ibre Huldigung darzubringen. Die Stadt widmete
ihm eine Ebrenmedaille, der Rurprinz verlieh ihm einen hohen Grden,
und die Schüler ließen ihm durch den (Oberprimaner Gtto Bähr, den
späteren Reichsgerichtsrat, einen silbernen Pokal überreichen mit der von
Bähr verfaßten Inschrift: accipe virtuti quod gratus amor tulit ultro
-- »(Akrostichon). Dieser Becher ging später in den Besitz seines Neffen, des
Professors an der Marburger Universität Julius Cäsar, über, der ibn vor
seinem am r). Juni 1686 erfolgten Code durch Testament dem Friedrichs-
gymnastum vermacht bat. — Der Sängerchor fang bei der Feier eine von
dem nachmals durch seinen Prinz Rosa Stramin berühmt gewordenen Dichter
Ernst Roch verfaßte Cantate, und Or. Cbeobald feierte den Jubilar mit
einem lateinischen Gedichte, das seine Verdienste gebührend würdigte. Am
). April i6?4 batte diese Feier stattgefunden. Am ). Januar i8;6 trat
Cäsar in den Ruhestand, und schon wenige Wochen später, an: 25. Februar,
führte ein Sturz den Cod des 73jährigen Mannes herbei.
* Die Urkunde befindet sich im Marburger Archiv M Nr. 86.