und der Unterricht sollte dauernd unter der Kontrolle der Rirche stehn. Aber
auch die vornehmsten anderen Fächer, vor allem der ganze Sprachunterricht,
sollte nur Lehrern, die in dieser Beziehung bewährt gefunden wären, anver
traut werden. — Mit dem Sturz des Ministeriums Hassenpsiug gerieten
diese Verordnungen bald in Vergessenheit, wenn später durch eine Verfügung
vom 9. 11. 1666 das Recht der Visitation des Religionsunterrichts aus Alt-
preußen auch auf die Provinz Hessen-Vlassau übertragen wurde und in den
späteren Jahren der Vertreter der Landeskirche, Generalsuperintendent
Lohr, zweimal (1690 und 1900) von diesem Recht Gebrauch machte, so trat
der Charakter der Oberaufsicht doch mehr zurück, und es handelte sich nur
um den Wunsch der Rirchenbehörde, mit den Religionslehrern Fühlung zu
nehmen.
wir kehren nach dieser Abschweifung noch einmal zu den Zeiten Richters
zurück. Die Arbeit, die dem körperlich keineswegs starken Manne — er war
lungenleidend — zugemutet wurde, wäre selbst einem widerstandsfähigeren
Menschen mit der Zeit zuviel geworden. Seine dienstlichen Obliegenheiten
erstreckten sich nämlich nicht nur auf die Gelehrtenschule, ihm waren auch
noch das dem Lyceum angegliederte Seminar und eine Bürgerschule unter
stellt. Außerdem bemühte er sich nebenamtlich theoretisch und praktisch um
das Schulwesen des ganzen Landes.* Als Rektor batte er neben seiner Ver
waltungstätigkeit wöchentlich 16 Stunden in den Oberklassen zu erteilen.
Solchen Anstrengungen war der schwächliche Mann auf die Dauer nicht ge
wachsen. Aber er blieb trotzdem auf dem Posten und suchte seine psiichten
bis in die letzten Lebenstage zu erfüllen. Noch wenige Stunden vor seinem
Code saß er am Schreibtisch und verbesserte die lateinischen Aufsatzhefte
seiner Primaner. 42 Jahre hat er seinem Lande treu gedient und r? Jahre
die verantwortungsvolle Stellung eines Leiters von drei Anstalten inne
gehabt. Als Pädagoge stand er auf der Höbe seiner Zeit und wußte die Lebren
eines Aug. Herm. Francke, Job. Mattb. G e ß n e r, Basedow, Fr. Aug. Wolf,
Ernesti, G. Hermann, Pestalozzi auszumünzen und in die Wirklichkeit um
zusetzen. wieder und wieder mahnt er, die Schüler zum Selbstdenken anzu
regen, weniger das Gedächtnis als die Denkkraft zu entwickeln. Neben der
Sprachkenntnis betont er stets die Sachkenntnis, neben der Form den Inhalt,
und verlangt, die Schüler zur Selbständigkeit anzuleiten. Von Haus aus
Theologe — er hat auch als Rektor noch öfter die Ranzel bestiegen —, hat
er sich zu einem anerkannt tüchtigen Lateiner entwickelt. Mit dem Grie
chischen befaßte er sich weniger. Schriftstellerisch trat er nur hervor, wenn
der Dienst es gebot. — Richter blieb unvermählt, aber man fah ihm den
* Im Jahre 1796 wurde ihm in Anerkennung seiner Verdienste auf diesem Gebiet von
seinem Landesherrn — in jenen Zeiten etwas ganz Außergewöhnliches — der Titel
Professor verliehen.