Full text: Festschrift zum 150. Jubiläum des Staatlichen Friedrichsgymnasiums zu Kassel

hier in Raffel, indem er auch hier die dreiklasstge niedere Lateinschule in eine 
höhere achtklassige umwandelte. Landgraf Moritz ebensowohl wie die Väter 
der Stadt erkannten die Verdienste, die der wiffenschastlich wie praktisch 
tüchtige Mann durch seine guten Schulbücher wie durch seine treffliche Lehr 
methode um die Schule sich erworben batte, in vollstem Maße an, und schon 
hatte ihn der Landesfürst für die Hochschule in Marburg vorgesehen, als er 
mit Frau und sechs Rindern plötzlich an der Pest starb.* Infolge seiner 
Umgestaltung der Schule wurde setzt eine weit gründlichere Vorbereitung 
für akademische Studien als bisher gewährleistet. Immerhin war der 
Lehrplan noch etwas einseitig. Realien und neuere Sprachen kamen zu kurz, 
und die körperliche Ausbildung wurde völlig vernachlässigt. Daher ver 
suchte später Landgraf Rarl zwischen Pädagogium und Hochschule noch ein 
Zwischenglied einzuschieben mit seinem Collegium Carolinum. Auf dieser 
Anstalt sollten die Abiturienten des Pädagogiums in einem zweijährigen 
Rursus, soweit sie nicht als Ärzte, Wundärzte, Offiziere, Rünstler und 
Hofbeamte sogleich ins Leben traten, sich für das akademische Studium 
vorbereiten und die vorhandenen Lücken ausfüllen. Über 77 Iabre hat 
diese Einrichtung bestanden, noch bis in die Zeiten des Lyceum Fride- 
rrcianum hinein. Aber seit dem Jahre 1765 ließ Wilhelm IX., wesentlich aller 
dings aus finanziellen Gründen, dies Collegium allmählich eingeben und 
vereinigte es mit der Landesuniversttät. Nebenbei sei erwäbnt, daß schon 
vor Rarl Landgraf Moritz 1595 einen ähnlichen Versuch mit seinem Collegium 
Mauritianum gemacht hatte, das sogar, als die Landesbochschule Marburg 
an Darmstadt fiel, einen Ersatz für diese bildete und Raffel zwanzig Iabre 
die Ehre verschaffte, eine Universitätsstadt zu sein. Auch dies Collegium 
Mauritianum, obwohl es von Haus aus mehr als eine Art Hochschule 
gedacht war mit dem ausgesprochenen Zweck, künftige Hof- und Staatsbeamte 
heranzubilden, ist zeitweilig als ein Zwischenglied zwischen Pädagogium 
und Universität angeseben und von den abgebenden Schülern des Päda 
gogiums, besonders von künftigen Staatsbeamten, besucht worden, wenn auch 
der Besuch nicht pfiichtmäßig war. Die Sitte batte sich aber um so leichter 
eingebürgert, als verschiedene Lehrer, speziell der Rektor Rrugk, an beiden 
Anstalten zugleich unterrichteten. 
Landgraf Moritz wandte übrigens, wie dem gesamten Schulwesen seines 
Landes, so insbesondere dem Pädagogium sein lebbaftes Intereffe zu, und 
Zwei wesentliche Schulverfaffungsänderungen** aus den Jahren 1599 und 
)0$$ geben auf das persönliche Eingreifen des Landesfürsten zurück. — 
* Ein Bild in der Brüdcrkirche erinnert an diesen traurigen Vorgang. 
** cf. Weber a. a. ck>. S. )os ff. 
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s
	        
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