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Ethik vergleicht, so gesteht er hier der letztern den Vorrang
zu. Sie lehre, wie er in der Vorrede zu seiner 1586 herausge
gebenen Ethik sagt, ehrbar, pflichtgemäß, tugendhaft und glücklich
zu leben. Die Ethik ist die beste Bildnerin der Seele, leitet und
regiert alle Handlungen, wie sichs, gebührt. Sie ist die Lenkerin
der Gerechtigkeit und die Quelle aller Gesetze, durch die die mensch
liche Gesellschaft verbunden wird. Sie ist würdig, von allen edleren
Menschen erkannt zu werden. Wer Kenntniß aller Dinge besitzt,
aber häßlich lebt, ist keines Lobes würdig. Die Reinheit Iber
Sitten ziert den Menschen mehr, als Kenntnisse. Auch ben Ge
lehrtesten trifft Vorwurf, wenn er den Vorschriften der Vernunft
nicht gemäß lebt und nicht gute Sitten zeigt. Wer ehrbar lebt, wird
voit Allen geehrt, als wenn er die besten Kenntnisse besitze. Das
Studium der Ethik muß deshalb von Allen eifrigst betrieben
werden. Socrates, Plato und Aristoteles erkannten ihren Werth
und beschäftigten sich mit ihr. Wenn sie in neuerer Zeit weniger
beliebt ist, so liegt der Grund theils darin, daß sie nicht metho
disch genug gelehrt wird, was Viele abschreckt, theils daß man
vielfach meint, die Ethik sei von der Theologie nicht zu unter
scheiden, jene gebe die wahrsten und richtigsten Lehren über alle
Arten der Tugenden. Theologie aber sei nur die Wissenschaft,
Gott recht kennen zu lernen, Ethik dagegen habe es mit den
Sitten zu thun, so daß der Geist, durch diese gebildet, immer der
Tugend gemäß lebe. Da er insbesondere auch von Lehrern an
gegangen sei, einen, kurzen Abriß seiner Ethik zum Besteu der
Schulen herauszugeben, so habe er dies gethan hauptsächlich auch
wegen der Corbacher Jugend, der er nach der Physik auch Ethik
vorgetragen habe (Lp. Dedic. Ethicae.).
Scribonius gab auch naturwissenschaftliche Werke
heraus.
Da ihni in der neuen Schule zu Corbach außer andern Lec-
tionen auch die Physik zu lehren aufgetragen war, so prüfte er
aufs sorgfältigste sein schon früher herausgegebenes Büchlein über
Physik und berichtigte und vervollständigte dasselbe. So erschien
denn 1583 sein Buch: Herum natiiralium doclrina moihodica. In
der vorgesetzten Dedication giebt er eine kurze geschichtliche Ueber-