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Die Maiennacht wie wunderreiches Märchen,
Umhüllend sanft ein glückversunken Paar,
Das sich umschlungen hielt in sel’gem
Schweigen. —
Und plötzlich aus dem nahen Rosendorn
Schwillt Jubel und Frohlocken in das Tal.
Aus seinem Liebestraume weckt das Lied
Der Nachtigall zwei weltvergessne
Träumer. —
„Komm, lass uns ziehn, der Abend kam
herbei.
Mir ist so bang, die Eltern werden warten,“
Spricht bittend sie und zieht den Liebsten
mit.
Der schaut wie sehnend um zum trauten
Ort;
Als wollt sein Bild er mit den Augen
trinken.
Dann gehn sie Arm in Arm. Die Nachtigall,
Sie sendet nach gleich feur’gen Liebes-
pfeilen
Noch Lied um Lied. Am Hügelrande, wo
Das Abendrot verglüht, steht eine Wand
Tief dunkler Wolken, draus es wetter-
leuchtet.