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15, Kapitel
Murhards Beitrag zum Englandbild des Frühliberalismus
Seine Auffassung vom reinen Parlamentarismus
Unter den wissenschaftlichen Untersuchungen aus der Zeit
des erzwungenen Schweigens, die aber für Murhard zu=
gleich eine Epoche des Reifens ist, sind diejenigen be=
sonders wertvoll, die der englischen Verfassung gelten.
Einiges ( >) ist schon in den "Allgemeinen politischen
Annalen gedruckt worden; das meiste bieten dann später,
als die äußerlichen Hemmungen des Schreibverbots weg=
fallen, Murhards Schriften zu Anfang der 30er Jahre,
besonders seine Artikel im Rotteck-Welckerschen "Staats-
lexikon" über "Englands Staatsverfassung", üb er die
"Nordamerikanische Revolution" und die "Nordamerikanische
Verfassung" (>).
In der Geschichte der politischen Vorstellungen des
deutschen Liberalismus nimmt seit dem Sturz Napoleons
das Englandbild eine wichtige Stellung ein. Aus seinen
richtig oder falsch verstandenen Zügen werden in Deutsch=
land Folgerungen gezogen für den Aufbau des Staates und
für seine wesenhaften Funktionen, die beurteilt werden
mit begeisterter Zustimmung bis hin zu unerbittlicher
Ablehnung. Noch ist kein einheitliches deutschen National
bewußtsein vorhanden. Was die Romantik dazu hätte bieten
können, ist durch die Ereignisse im zweiten und äritten
Jahrzehnt in Deutschland verloren gegangen. Und so
herrscht in Deutschland wieder die alte Neigung, an poli=
tische Probleme theoretisierend und philosophierend
heranzugehen, Zumal man noch nicht wie Murhard erkannt
hat, daß sich Staatsverfassungen nicht ohne weiteres
von Volk zu Volk übertragen.lassen. An Ort und Stelle
aber die Dinge zu studieren, bleibt auch damals die Aus=
nahme und auf wirtschaftlich unabhängige Persönlichkeiten
beschränkt.
Es gilt als unbestritten, daß das Englandbild für die