Full text: Friedrich A. W. Murhard, (1778 - 1853), Staatsrechtler und politischer Publizist im vormärzlichen Liberalismus (Teil 1)

Umgekehrt berichtet Murhard von Zuständen, die in deutschen 
Landen herrschen als Folge eines absurdenglensurzwangs. 
BE IE IF ). "Wie weit man bei uns noch den Zensurzwang aus= 
HEXEN dehnen, wann und wo derselbe endlich seine Grenzen 
fingen wird, mag der Himmel wissen”, Und nun berichtet 
Murhard von einem deutschen Staat - gemeint ist Kurhessen - 
in dem jedem Staatsdiener bei Androhung der Kassation, 
aber auca jedem anderen Bürger die Lektüre "ausländischer" 
Tageszeitungen, wissenschaftlicher Zeitschrifteh und Werke 
verboten ist. Umgekehrt wird jeder literarischen Autor 
einer allerstrengsten Zensur unterworfen und besonders hin= 
sichtlich nur annähernd politisch zu dentenden Äußerungen 
überprüft. Infolgedessen sendet kein Autor einen Aufsatz 
an ein noch so hoch honorierendes Blatt. Und die Gelehrten 
von Ruf, die früher auf dem Büchermarkt mit:bedeutenden 
Werken vertreten waren, schreiben nur noch für ihre 
Schreibtischschubladen ( - wie es in ein paar Jahren auch 
Murhard tun muß! - ) Gleichwohl hat aber diese Abschnürung 
nichts genutzt; der Schmuggel‘ von politischen Schriften 
blüht nirgends so lebhaft wie in Kurhessen, Murhard empfin= 
det es alarmierend, daß diese Zustände erst seit dem Zzwei= 
ten Jahrzehnt des 19.Jahrhunderts zunehmend aufschießen. 
Selbst Fürsten, die früher anders eingestellt waren, macher 
nun diese Bräuche mit. Murhard hält die Fürsten garnicht 
für die eigentlichen Bösewichte. Das sind vielmehr ihre 
Beamten, vorweg die Minister. Um sich Ansehen zu geben, 
gaukeln sie den Aegenten drohende Gefahren vor, denen mit 
Pressezwang am wirksamsten zu begegnen sei. Und dann setzt 
sich nach unten hin bei den mittleren und unteren Beamten 
aus billiger Augendienerei das Verfahren fort, indem deren 
Überwachungstätigkeit in schnöde Schnüffelei ausartet. 
Preußen sollte sich als großer Staat davor hüten, mit sol= 
chen Pratiken die immer noch vorhandenen Sympathien der 
Deutschen völlig zu verscherzen. Was zur Zeit in Rhein® 
preußen geschieht, 1äßt Schlimmes befürchten. Die Frank= 
furter Oberamts-Zeitungg£ berichtet von einem regionalen 
Erlaß, der den Herausgeber des "Westfälischen Anzeigers" 
Mallinkrodt verpflichtet, die Originalmanuskripte der 
Artikel, die er und seine Mitarbeiter veröffentlichen 
will, zuvor dem Zensor in Dortmund vorzulegen. Murhard 
schließt mit dem Wort: sSunt certi denique fines! Hier
	        
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