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Natürlich weiß auch Murhard um die Auswüchse einer falsch
verstandenen Pressefreiheit. Ihr muß notfalls die Regie=
rung begegnen, wenn nicht die gesunde Bevölkerung derartige
Machwerke verwirft. Schlimmer ist es für Murhard, wenn
eine Pressefreiheit in Auswahl existiert, die von Fall zu
Fall so oder so befindet, Eine Atmospähre von Unsicherheit
wird die Folge sein, die schlimmer ist als eine einsichts=
volle Zensur, Man schaue nach Frankreich, wo dieses Übel
herrscht. Wird aber ein Schriftsteller des Mißbrauchs ange-
Klagt, So soll’ er von einer Kommission beurteilt werden,
in der neben vertrauenswürdigen Bürgern auch Fachleute ver-
treten sind; vor allem aber muß einem solchen Angeklagten
jeder persönliche Schutz garantiert werden. Eine solche
N Pressegesetzgebung empfiehlt Murhard dem Bundestag bei
seinen Verhandlungen zu einem gemeinverbindlichen Presse=
gesetz. So wird ein weiterer Damm gegen die nie auszurot=
tende Neigung zur Willkür unter den Fürsten errichtet,
Nordamerika und England beweisen es hinreichend.
Und dann verfaßt Murhard ein. Loblied. auf die echte, Presse=
EZ 18,9 freiheit ( ). Dabei unterbreitet er seinen deutschen
Lesern, was diese Freiheit im Ausland zuwege bringt; QeM
Deutschland kann sich dort Anregungen und Mut holen] So
berichtet Murhard von einem Preßprozeß in Frankreich. Als
die Öffentlichkeit von der Anklage erfuhr, erhob sich ein
Sturm der Entrüstung dagegen. Man sammelte Geld für den
Angeklagten und seine Familie. Der Bankier Lafitte spen=
dete 20.000 Franc. Auch aus England. sind. solche Ereignisse
bekannt. Wie aber steht es in Deutschland? Droht einem so
freimütigen Schriftsteller wie J.Görres und seinem "Rhei=
nischen Merkur" nicht täglich das gleiche Los? (Murhard
nimmt das spätere Schicksal eines Görres ahnungsvoll vor=
weg, ebenso das eigene!) Wird man in Deutschland durch
die Tat den Dank abstatten, den einige Publizisten verdie=
nen, vorab. die rheinischen? Freimütigkeit und Wahrheit
führen schließlich doch zum Siege. Das wußten, schon vor
Jahrzehnten, die Göttinger Professoren wie Lichtenberg
und Schlözer, ja selbst im Zeitalter des reinsten Absolu=
tismus hat es solche Männer gegeben. Und dann druckt Mur=
hard das Protokoll der französischen Deputierten-Kammer
ab mit seinen Formulierungen eines modernen Pressegesetzes
um den Bundestag und. den politisch Interessierten einmal
zu zeigen, wie ein richtiges Pressegesetz lauten solle.