Full text: Friedrich A. W. Murhard, (1778 - 1853), Staatsrechtler und politischer Publizist im vormärzlichen Liberalismus (Teil 1)

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Konflikt und dadurch in Gegensatz zu Wien und Metternich. 
Nicht ohne Grund. reist der Bundespräsident so häufig zur 
Aussprache nach Wien. Er hat vermutlich in seinem Gepäck 
eine Liste derjenigen, die sich in Frankfurt unbeliebt 
gemacht haben (_— — 7. In Deutschland kann eben kein 
Staatsbürger gegen die souveränen Fürsten Recht erlangen. 
Damit ist der heutige “ustand weit schlimmer als in der 
alten deutschen Keichsverfassung mit dem Reichshofrat und 
dem Reichskammergericht. Mitglieder einer Versammlung, 
in ständiger Furcht lebelang gemaßregelt zu werden, könne 
Nichts Ersprießliches zustande bringen. 
Was dabei herauskommt, sieht man @x an der Stellung der 
preußischen und Österreichischen Gesandten, die nachgera= 
aebei diesem Verfahren zu Briefträgern degradiert werden 
( >— ). Schlimmer aber ist, daß die ordnungsgemäß gefaß= 
ten Beschlüsse des Bundestages gröblich mißachtet werden 
draußen im Land. Trotz der verkündeten Freizügigkeit wird 
weiterhin Geldabgabe erhoben; trotz Freiheit des Getrei= 
dehandels richten sich viele Staaten nicht im geringsten 
danach. Ganz besonders belastet Murhard seinen Heimat= 
staat Kurhessen, der fast alle Bundestagsbeschlüsse. bei= 
seite schiebt. Wenn. das alles schon im Frieden geschieht, 
was soll aus einem gesamtdeutschen Staat erst in einem 
etwaigen Äriege werden. Die deutsche Bevölkerung wird 
keine entscheidende Besserung erzwingen, so lange man sic 
wie in Frankfurt Wochen hindurch vöm Adelsball des Frhr. 
v.Aretin und lieber über Nichtigkeiten unterhält, statt 
über die großen Fragen der Nation. Mit Freude erfüllt 
Murhard eine Meldung aus Marburg, derzufolge hohe Beamte 
im Zusammenhang mit der Affäre.des Frhr.v.d.Malsburg 
| 6418) ihre Demission angeboten haben. 
Ein weiteres Hemmnis der Verfassungsarbeit sieht Murhard 
in dem Fehlen einer festen Geschäfts- und Kompetenzord= 
nung. Die im Bund geforderte Einstimmigkeit hält Murhard 
EZ 17, 81 für baren Unsinn ( ). Es erinnert an das politische 
Vetorecht und macht die Bundesversammlung zu einem polni= 
schen Reichstag. Diese Klausel ist eins der Mittel, Mit 
dem jedes individuelle Interesse abgewehrt wird. Der Aus= 
rede, daß man auf dem Wiener Kongreß diese Frage hätte } 
erledigen müssen, hält Murhard entgegen, daß der Sprecher 
ja seinerzeit in Wien mitgearbeitet habe. Murhard fordert
	        
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