Meine verehrtesten. Herren Amtsbrüder!
Ars ich mit meiner Geschichte der Kirchenvisitationen der Ha-
naueı reformierten Kirche im 18; Jahrhundert bereits zu Ende gekom-
men war, wurde mir Seitens unserer kirchlichen Oberbehörde ein Folio-
band aus dem 17. Jahrhundert nachgewiesen, der sich in der Bücherthaler
Klassenbibliothek zu Bruchköbel befand, und mir zugleich anempfohlen,
durch Auszüge aus demselben meine Arbeit zu vervollständigen. Da
diese Nachweisung und Anempfehlung dem vielfach lebhaft vorhandenen,
Verlangen, in die bis jetzt viel zu wenig und allgemeiner kultivierte Ge-
schichte unserer Hanauer evangelischen Kirche tiefer einzudringen, in
der erwünschtesten Weise entgegen kam, so setzte ich mich alsbald in
den hochwillkommenen Besitz des ehrwürdigen Folianten. Er liegt nun
seit einigen Wochen auf meinem Schreibtische und wird nicht müde,
mir die merkwürdigsten Dinge zu erzählen über kirchliche Gemeindezu-
stände im Hanauer Lande vor, während und nach dem grossen Kriege,
der so viel Jammer und Elend über unser Land und Volk gebracht.
hat, und zugleich zu berichten von der treu eifrigen und unermüdlichen,
zugleich auch von Gottes Segen sichtbar begleiteten‘ Arbeit unserer geist-
lichen Vorfahren, am ‚zerstörten Kirchenwesen zu bauen.
Der altehrwürdige schweinslederne Freund trägt an seiner Stirn
die köstliche Ueberschrift geschrieben:
Protocollum sive Acta conventuum classicorum sic dictorum: pro
classe Faginorum, quam vocant alias „die Bücherthalsklass“, inchoatum
Mediofagi (d. i. zu Mittelbuchen) in conventu classico anno Christianae
epochae MDCXH,
Der Band enthält zunächst die Protokolle von 15 Conventen, die
zwischen 1611 und 1616 unter dem Inspectorate des D°- Sebastianus
Seydelius. gehalten ‚worden sind, und zwar zu Mittelbuchen, Kestadt,
Issigheim, Altenhasel, Rüdigheim, Wachenbuchen, Niederrodenbach,
Rosturph und Bruchköbel. Hochstadt kam später zur Klasse noch hinzu.
Sodann folgen 9 Conventsprotokolle aus den Jahren 1631—1634, nach-
dem wegen Altersschwäche des anno 1631 mit Tod abgegangenen Seyde-
lius und propter. continuos Bellonae furores 15 Jahre lang keine Con-
vente abgehalten worden waren. Inspector Joh. Daniel Wildius, der
Nachfolger Seydels, stellte mit seinem Amtsantritt die Ordnung der Con-
vente alsbald wiederum her, Hieran schliessen sich an nach einer aber-
maligen Unterbrechung von 7 Jahren die Protokolle der 6 Convente,